Viele Teilzeit-Jobber wollen länger arbeiten

Berlin · Es gibt immer mehr Teilzeitjobs. 80 Prozent der Teilzeitbeschäftigten sind Frauen. 17 Prozent von ihnen wünschen sich eine längere Arbeitszeit, ergab eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung.

 In Krankenhäusern arbeiten viele Frauen in Teilzeitjobs. Bundesweit hat die Teilzeitbeschäftigung stark zugenommen. Foto: Seeger/dpa

In Krankenhäusern arbeiten viele Frauen in Teilzeitjobs. Bundesweit hat die Teilzeitbeschäftigung stark zugenommen. Foto: Seeger/dpa

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Die Beschäftigung in Deutschland ist weiter auf Rekordniveau. Noch stärker als die Zahl der Vollzeitarbeiter ist dabei die der Teilzeitbeschäftigten gestiegen. Im September 2015 hatten rund 8,3 Millionen Personen einen sozialversicherungspflichtigen Teilzeitjob. Knapp 500 000 mehr als ein Jahr zuvor. Rund 80 Prozent der Teilzeitbeschäftigten sind Frauen . Doch viele würden gern mehr ranklotzen, wie eine Untersuchung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) ergab. Demnach wünschen sich 17 Prozent der weiblichen Beschäftigten mit einem versicherungspflichtigen Teilzeitjob eine Verlängerung ihrer Arbeitszeit . Bei den Männern sind es sogar 25 Prozent. Nur jeweils ein Prozent der Frauen und Männer würde dagegen kürzertreten wollen. Bei den weiblichen Mini-Jobbern, die auch unter die Teilzeitbeschäftigten fallen, möchten 18 Prozent länger arbeiten. Im Saldo hätten die Erwerbstätigen im Jahr 2014 nach Berechnungen des IAB damit 1,35 Milliarden Arbeitsstunden mehr leisten können. Ein großes Potenzial.

Susanne Wanger, Mitautorin der IAB-Untersuchung, fällt ein zweischneidiges Urteil zu Teilzeit-Arbeit: "Durch Teilzeitbeschäftigung können Karrierechancen gemindert werden. Auch beim Lohn und der Alterssicherung gibt es Auswirkungen", sagt Wanger. "Aber natürlich gibt es Phasen im Leben wie die Kindererziehung, in der die Teilzeitarbeit auch viele Chancen birgt." Auch die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen, Brigitte Pothmer , hält nichts davon, Teilzeitarbeit zu verdammen. "Würde man den Arbeitszeitwünschen der Beschäftigten entsprechen, dann wäre das allerdings auch ein Gewinn für die Sozialversicherungssysteme und die Betriebe, die händeringend nach Fachkräften suchen", sagt Pothmer. Gegenwärtig gibt es nur einen Rechtsanspruch, von Voll- in Teilzeit zu wechseln.

Pothmer schlägt vor: "Wir müssen das Teilzeit- und Befristungsgesetz zu einem Gesetz für mehr Flexibilität umgestalten." Gemeint ist ein neuer Begriff von Vollzeitarbeit. Nach den grünen Vorstellungen soll sie künftig zwischen 30 und 40 Wochenstunden liegen. In diesem Korridor könnten sich die Beschäftigten bei angemessener Ankündigungsfrist gegenüber dem Arbeitgeber dann individuell bewegen. Heute liegt eine Teilzeitbeschäftigung vor, wenn die regelmäßige Arbeitszeit eines Beschäftigten kürzer ist als die einer Vollzeitkraft im gleichen Betrieb. Um wie viel kürzer, spielt keine Rolle. "Durch eine Wahlarbeitszeit würde die Grenze zwischen Teilzeit und Vollzeit durchlässiger werden", argumentiert Pothmer. Nicht jede Arbeitszeit unterhalb der traditionellen Vollzeitnorm wäre dann gleichbedeutend mit einem beruflichen Karriereknick.

Pothmer ist sich sicher, dass diese Lösung am Ende auch zu einer Ausweitung des gesamten Arbeitszeitvolumens führen würde. Potenzial dafür ist zweifellos vorhanden, wie die IAB-Untersuchung zeigt.

Zum Thema:

Stichwort Union und SPD haben ihren Streit um eine Reform für mehr Schutz von Arbeitnehmern beigelegt. "Wir haben eine Einigung", sagte Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD ) gestern am späten Abend nach einem Spitzentreffen der Koalition in Berlin . Verabredet sei gleicher Lohn für gleiche Arbeit ohne Schlupflöcher. Eine Dauerentleihung von Zeitarbeitnehmern gebe es künftig nicht mehr. Ein Gesetzentwurf soll nun im Kabinett beraten werden. dpa

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