Warme Wolle und karge Klippen

Luskentyre/Tarbert · Die Natur ist von karger Schönheit und stets weht der Wind: Trotz einer langwierigen Anreise sind die Äußeren Hebriden vor der schottischen Westküste einen Besuch wert. Auch, weil aus Harris und Lewis der feinste Tweed der Welt kommt.

 Wasser, Wolken und grüne Weiden prägen das Landschaftsbild auf der schottischen Inselgruppe der Hebriden. Foto: Scottish Viewpoint

Wasser, Wolken und grüne Weiden prägen das Landschaftsbild auf der schottischen Inselgruppe der Hebriden. Foto: Scottish Viewpoint

Foto: Scottish Viewpoint

Die Maschine schießt die Fadenspulen unablässig hin und her. Donald John McKay sitzt in seiner Arbeitsscheune und tritt auf die Pedale des Webstuhls - dabei verfolgen seine Augen hochkonzentriert den Lauf der Fäden. Er ist einer der bekanntesten Tweed-Hersteller auf der schottischen Insel Harris.

Wie viele Menschen auf dieser Inselgruppe der Äußeren Hebriden, die westlich vor Schottland liegt, ist McKay eher wortkarg. Nichts Besonderes sei der Tweed, sagt er. "Früher gab es hier ja nichts als Schafe . Und die Menschen mussten etwas anziehen." Also haben sie die Schafe geschoren, die Wolle gefärbt und daraus einen festen Stoff gewebt. "Der wärmt, er hält zu einem gewissen Grad den Regen ab und ist strapazierfähig." All diese Attribute brauchen Kleider, die man auf den Hebriden trägt. Auch im Sommer ist es nur selten warm, der Wind treibt die Wolken in schneller Folge am Himmel entlang, jederzeit kann es regnen.

Der Stoff von der Insel Harris ist für seine Qualität bekannt: Modeschöpfer kaufen hier ein, Schneider und Kilt-Hersteller aus den großen schottischen Städten - und manchmal kommen die Kunden sogar von ganz weit her. "Vor zehn Jahren bekam ich eine E-Mail aus Oregon", sagt McKay. Nike wollte Retro-Turnschuhe mit Tweedeinsatz auflegen - und brauchte 950 Meter in acht Wochen. Unmöglich für das Ein-Mann-Unternehmen. Doch die Weber kennen sich, auch wenn viele allein arbeiten. "Ich habe um Hilfe gebeten, und in zwei Monaten war der Stoff fertig."

Auf den Straßen in Lewis und Harris geht es unablässig bergauf und bergab, immer wieder kreuzen Schafe den Weg. Die Aussicht rechts und links des Weges ist von karger Schönheit: Die Felsen sind zerklüftet, Steinlandschaften wechseln sich mit sattgrünen Weiden ab. "Ich liebe die Pflanzen, die darauf wachsen, vor allem das Heidekraut", sagt Linda Sutherland. Sie kennt sich aus mit den Düften der Insel, denn aus ihnen stellt sie Seifen nach traditionellen Rezepten her. Sehr natürlich riechen die Produkte, die die ehemalige Computerspezialistin in ihrem Inselhaus auf Lewis produziert. "Seit ich das erste Mal hier war, wollte ich hier leben", sagt die große Frau mit den krausen Haaren. "Hier kann ich mit meinem Hund stundenlang am Strand spazieren gehen und treffe keinen Menschen."

Allerdings: "Man muss mit dem Inselleben klarkommen", sagt Bill Lawson, ein pensionierter Professor aus England. "Im Winter ist es nur ein paar Stunden hell, dafür wird es im Sommer nicht dunkel. Es regnet häufig, und es gibt deutlich mehr Schafe als Menschen." Und Wind. In allen Stärken und zu jeder Jahreszeit: "Mancher Zugezogene beschwert sich über die vielen Stürme. Da sagen wir nur: Wenn man sich nicht dagegen lehnen muss, ist es auch kein Wind."

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Auf einen Blick: Anreise mit Fähre oder Flugzeug: Aus Edinburgh, Glasgow oder London fliegen Maschinen nach Stornoway. Mit der Fähre kann man von Ullapool aus übersetzen.visitscotland.com

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