Ewig brennt das Licht in Schwabing

München · Im Münchner Stadtteil erinnert die krumme Laterne am Wedekindplatz an Gisela Jonas-Dialer, eine Kultsängerin vergangener Tage.

München Sakko, Einstecktuch und um den Hals an einer Kette eine kleine Kamera als Schmuckstück. Wolfgang Roucka liebt den großen Auftritt. Und auch mit 76 Jahren ist der "Posterkönig" von Schwabing noch immer gefragt. Als Informations-Goldgrube in Sachen Schwabing. Seine Liebe zu Münchens einst so hippem Stadtteil hält ewig.

Sein Postershop an der Feilitzschstraße ist legendär, obwohl die große Zeit der Poster längst vorüber ist. Mit Einschränkungen, wie er erzählt. Denn: "Uschi Obermaier geht immer". Die lebt zwar längst in Kalifornien, hat aber einst mit dafür gesorgt, dass Schwabing einen Namen hatte. In zweiter Auflage jedenfalls, denn ein Ort für Kultur und Kreative war Schwabing schon viel früher. Thomas Mann, die Künstlergruppe des Blauen Reiter um Wassily Kandinsky - sie warfen ihr berühmtes Licht auf das einstige Dorf und den heutigen Stadtteil Münchens.

Wolfgang Roucka ("Schwabing ist ein Zustand") kennt die Schwabinger Geschichten. Eine hat es ihm besonders angetan. Es ist die der Schwabinger Gisela. Einer Chansonsängerin mit eigenem Lokal ("Bei Gisela"). Und mit dem Lied "Die Schwabinger Laterne". Roucka hat dafür gesorgt, dass die Laterne, die die Sängerin als Requisite nutzte, auf dem Wedekindplatz in Schwabing steht, schräg gegenüber von seinem Laden in der Feilitzschstraße. Gisela ist 2014 im Alter von 85 Jahren gestorben; er hat ihr somit hier ein kleines Denkmal gesetzt. Die Laterne leuchtet in die Occamstraße, Richtung Giselas einstigem Lokal - seit 2006 unter dem Namen "Vereinsheim" ein abendlicher Treffpunkt.

Szene-Quartier, das war einmal. In Schwabing leben heutzutage viele von der Erinnerung. Auch der Erinnerung an Regisseur Bernd Eichinger, der 2011 starb. Sein Büro bei Constantin Film in der Feilitzschstraße sei immer noch unberührt - sagt man. Dennoch: Schwabing und seine "Lichtgestalten" sind auch heute noch, da andere Münchner Viertel längst als angesagt gelten, einen Rundgang wert.

Der könnte dann in einem ganz anderen Licht enden. Im Herzen von Schwabing am U-Bahnhof Münchner Freiheit hat Ingo Maurer vor einigen Jahren die U-Bahn-Haltestelle neugestaltet. Wie es sich für einen Licht-Designer mit Showroom in München und New York gehört, natürlich durch Licht. Hier gibt es jetzt Spiegel als Deckenverkleidung, gelbe Wände und blau illuminierte Säulen. Wer von hier aus weiterfährt, ist noch in Schwabing, Wolfgang Rouckas geliebtes Schwabing hat er aber längst verlassen.

Warum also nicht gleich ein völliger Szenenwechsel? Die (U-Bahn-)Fahrt zur Residenz dauert nicht allzu lang. Dort können Besucher an bestimmten Tagen eintauchen ins Kerzenlicht. Gedanklich jedenfalls. Hier gibt es immer wieder mal Führungen, etwa im Cuvilliés-Theater, das zur Residenz gehört, die Erhellendes bieten zur Beleuchtung eines Rokoko-Theaters etwa. Etwa Geschichten über die Lampenputzer, die alle 20 Minuten den Docht der Kerzen abschnitten. Das sind schöne Ausflüge in das Licht vergangener Zeiten. Und in einen der größten Museumskomplexe Bayerns.

Bis 1918 war die Residenz Wohnort und Regierungssitz der bayerischen Herzöge, Kurfürsten und Könige. Heute befinden sich hier unter anderem das Residenzmuseum und die Schatzkammer. Hier ist vieles schön anzuschauen. Und wenn man Glück hat, erwischt man einen Tag, an dem eine Führung angeboten wird. Die ist im Eintrittspreis inbegriffen, sehr fachkundig und an einigen Tagen lautet ihr Titel "Rampenlicht und Rampensau". Dann geht es in erster Linie um die, die sich gerne in den Vordergrund stellen. Und es wird erklärt, warum das so war. Im mit Kerzen beleuchteten Rokoko-Theater waren nur die zu gut sehen, die an der Rampe standen. So stellt sich die Rampensau ins rechte (Theater-)Licht. Auch heute noch und das ganz ohne Kerzen.

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Zu Besuch im Künstlerviertel Für einen Rundgang durch München-Schwabing empfiehlt sich die Tour "Lichtgestalten und Global Player". Sie dauert rund zwei Stunden, führt durch das ehemalige Künstlerviertel und beleuchtet die kreative Vergangenheit des Stadtteils. www.muenchen.de

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