Die verborgenen Schätze Nordfrankreichs

Saint-Omer · Das Städtchen Saint-Omer im Departement Pas-de-Calais gehört zu den Geheimtipps für Frankreichurlauber.

 In der Gartenanlage Jardin public, die auf einer alten Bastion von Vauban angelegt wurde, können Besucher der nordfranzösischen Stadt Saint-Omer entspannen. Hier finden das ganze Jahr über kulturelle Veranstaltungen statt. Foto: Desaunois/Nord-Pas-de-Calais Tourismus

In der Gartenanlage Jardin public, die auf einer alten Bastion von Vauban angelegt wurde, können Besucher der nordfranzösischen Stadt Saint-Omer entspannen. Hier finden das ganze Jahr über kulturelle Veranstaltungen statt. Foto: Desaunois/Nord-Pas-de-Calais Tourismus

Foto: Desaunois/Nord-Pas-de-Calais Tourismus

Es muss nicht unbedingt Paris, Nizza oder Bordeaux sein, wenn wir uns beim französischen Nachbarn nach einem geeigneten Ziel für eine Städtereise umsehen. Auch die Provinz der Grande Nation hütet zwischen Nordsee und Mittelmeer, Atlantik und Rhein so manches Geheimnis: kleine, hübsche Städtchen, in denen sich die Touristen noch nicht auf die Füße treten.

So findet sich keine 50 Kilometer hinter Nordfrankreichs malerischer Opalküste, wo die Wasser von Ärmelkanal und Nordsee ihr Blau vor steilen Kreideklippen und weiten Stränden ausbreiten, Saint-Omer, eine charmante Stadt mit 14 000 Einwohnern. Sie ist umgeben vom endlosen Grün des Audomarois, einem sumpfigen Labyrinth aus Flüssen, Seen, Teichen und Kanälen, Weiden, Wald und Feldern, auf denen Gemüse en gros gedeiht.

In Saint-Omer erklärt das Maison du Marais mit einer spannenden Ausstellung den Naturraum jener Sumpflandschaft, die als Biosphärenreservat unter dem Schutz der Unesco steht, erzählt von ihrer reichen Flora und Fauna und vom Leben des Menschen in Frankreichs letztem zum Gemüseanbau genutzten Torfmoor. Und auch die traditionellen Boote aus Eichenholz sind hier Thema und laden zu Ausflügen in die Wasserlandschaft ein.

Doch bleiben wir fürs Erste auf dem Trockenen und begeben uns an den östlichen Rand der Altstadt, wo Saint-Omer mit den Ruinen der Abtei Saint-Bertin das erste Kapitel seiner Stadtgeschichte aufschlägt. Im 7. Jahrhundert sandte Merowingerkönig Dagobert den Bischof von Thérouanne aus, um die Territorien nördlich von Thérouanne zu christianisieren. Doch der eifrige Missionar namens Omer kam nicht allein. Drei Mönche begleiteten ihn, von denen einer Bertin hieß. Sie ließen sich am Ufer des Flusses Aa nieder, gründeten das besagte Kloster und begannen mit der Landgewinnung im umliegenden Torfmoor. Das war die Geburt einer von Menschenhand geformten Naturschönheit und zugleich der Startschuss für das Werden der Stadt, die den Namen des Bischofs erhielt.

Von der alten Abtei macht sich die Rue Saint-Bertin auf ins Zentrum der Altstadt, deren Gesicht weitgehend unversehrt ist von den Verwüstungen der letzten Kriege und sich als uneinheitliches Durcheinander zeigt. Es reihen sich Häuser aus verschiedenen Jahrhunderten, die mal schmaler oder breiter, höher oder niedriger, schlichter oder herrschaftlicher ausfallen. Die mal flämisch oder französisch inspiriert sind, mal adrett oder vernachlässigt daherkommen und oft aus gelbem Backstein gebaut sind. Touristen schlendern durch so charmante Gassen wie die Rue des Clouteries, folgen für eine Einkaufstour der Rue de Dunkerque Richtung Fluss, werfen einen Blick in die gotische Kathedrale und landen irgendwann auch auf der Place du Maréchal Foch, dem Herzen der Stadt.

Und falls gerade Markttag ist, ist hier, wie es scheint, halb Saint-Omer auf den Beinen. Rund um das Rathaus, dessen pompöse Architektur den Besucher unwillkürlich an ein italienisches Theater denken lässt, schieben sich Einheimische und Fremde an den zahlreichen Marktständen der Bauern des Marais vorbei, die die große Fläche dieses Platzes mit dem bunten Sortiment ihrer Waren füllen.

In der Mitte des Gedränges verkauft Madame Capelle ihren Käse, an der Ecke vor der Apotheke stehen die Brüder Dewalle so wie jeden Samstag mit allem, was ihr Hof gerade an Gemüse abwirft. Bei anderen Händlern wird nach Obst und Brot, Wurst und Pferdefleisch, Blumen und Kleidung gefragt, während sich die Marktbesucher in den Bars am Rand bei einem Kaffee oder einem Bier vom Einkauf erholen.

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Alte Bibliothek in der Abtei Saint-Bertin Im alten Skriptorium der Abtei Saint-Bertin kommen Literaturliebhaber auf ihre Kosten: 50 000 alte Bücher und 1000 Stücke werden dort aufbewahrt. Die Bibliothek von Saint-Omer machte 2014 weltweit auf sich aufmerksam, als eine seltene Gesamtausgabe des englischen Schriftstellers William Shakespeare entdeckt wurde. www.nordfrankreich- tourismus.com

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