Mieter nutzt falsches Streugut bei Glätte: Muss der Vermieter zahlen?

Hamm · Was tun, wenn es draußen glatt ist und kein Streusalz da ist? Manche greifen dann zu Hobelspänen. Aber die sind zwar als Einstreu in Pferdeboxen gut geeignet, aber nicht als Streugut gegen Glätte.



Hobelspäne haben keine abstumpfende Wirkung und sind kein geeignetes Streumittel für einen eisglatten Gehweg. Das hat das Oberlandesgericht Hamm im Zivilprozess einer Fußgängerin klargestellt, die auf glatter Fläche vor einem Haus schwer gestürzt war. Die Richter verurteilten die Mieterin des Hauses, die den Gehweg hätte richtig streuen müssen, zu Schadensersatz. Und auch die Vermieterin muss laut Richterspruch haften, weil sie die Sache mit den Hobelspänen wusste, zuließ und damit ihrer Aufsichts- und Kontrollpflicht über die Mieterin nicht nachgekommen sei. (Az.: 6 U 92/12).

Im konkreten Fall ging es um eine 57-jährige Frau, die auf dem Gehweg vor einem Haus gestützt war. Den eisglatten Weg hatte die Mieterin des Anwesens mit Hobelspänen abgestreut. Bei dem Sturz brach sich die Frau einen Oberarm. Ihre Verletzung musste in der Folgezeit operiert werden. Sie klagte auf Schadensersatz gegen Mieterin und Vermieterin des Hauses. Das Oberlandesgericht hat ihr Schadensersatz in Höhe der Hälfte des entstandenen Schadens zugesprochen.

Begründung: Die Klägerin habe nachgewiesen, dass sie auf dem glatten Bürgersteig vor dem Haus der Beklagten ausgerutscht und gestürzt sei. Die Glätte beruhe auf einem verkehrswidrigen Zustand des Gehweges, für den beide Beklagten verantwortlich seien. Die Mieterin habe nach dem Mietvertrag den Winterdienst zu erledigen gehabt. Diese Pflicht habe sie mit dem Streuen der Hobelspäne verletzt. Nach den Feststellungen eines Sachverständigen hätten die Hobelspäne keine abstumpfende Wirkung gehabt. Sie hätten sich vielmehr mit Feuchtigkeit vollgesaugt und seien so zu einer Art Eisflocken mit Rutscheffekt geworden. Die Späne seien deswegen als Streumittel ungeeignet gewesen. Das hätte die Mieterin durch eine Untersuchung vor Ort leicht selbst feststellen können, so das Gericht. Und auch die Eigentümerin des Hauses sei in der Haftung. Ihr sei der der Einsatz der Hobelspäne bekannt gewesen. Also sei sie mitverantwortlich, weil sie ihre Aufsichts- und Kontrollpflicht über das Haus und damit dessen Mieterin verletzt habe.

Die Schadensersatzpflicht der Beklagten besteht nach Feststellung der Richter jedoch nur im Umfang von 50 Prozent. Dies gelte deshalb, weil die Klägerin zu 50 Prozent für den eigenen Unfall mitverantwortlich sei. Die Frau habe eine erkennbar glatte Stelle betreten. Sie sei gestürzt, nachdem sie zuvor den als vereist erkannten Gehweg gemieden hatte und auf dem freigeregneten Bereich der Fahrbahn gegangen war. Dann sei die 57-Jährige vor dem Haus wegen eines ankommenden Autos kurz vor dem Unfall von der Fahrbahn auf den Gehweg gewechselt. Hier wäre es nach Ansicht der Richter aber zu ihrem Eigenschutz geboten gewesen, zunächst die Vorbeifahrt des Autos am Fahrbahnrand abzuwarten und erst dann den weiteren Weg auf der eisfreien Fahrbahn fortzusetzen.

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