Wichtiges Urteil zum Mietrecht Die Sonne brennt: Darf der Mieter eine Markise an den Balkon bauen?

München · Nach der Hitzewelle mit viel Sonnenschein im vergangenen Sommer träumen viele Mieter von einer Markise für ihren Balkon. Aber was ist, wenn der Vermieter dabei nicht mitspielt? Dazu unser Rechts-Tipp.

 Eine Markise bietet Sonnenschutz für Terrasse und Balkon. Symbolfoto.

Eine Markise bietet Sonnenschutz für Terrasse und Balkon. Symbolfoto.

Foto: gms/Bundesverband Rolladen und Sonne

Ein Vermieter muss dulden, dass ein Mieter eine Markise an einem Südbalkon anbringt. Das gilt auch, wenn dies dazu führen kann, dass andere Mieter ebenfalls Markisen anbauen und dadurch das Gesamtbild des Hauses leidet. Das folgt aus einem Urteil des Amtsgerichts München. Demnach gehört der Schutz vor Sonne auf dem Balkon als sozial übliches Verhalten zum berechtigten Wohngebrauch des Mieters. Ein solcher Schutz kann durch das Aufstellen eines Sonnenschirms nicht ausreichend erreicht werden. Ein Mieter habe deshalb einen Anspruch auf das Anbringen einer Markise (Az.: 411 C 4836/13).

Der Fall: Ein Münchner Mieter wollte auf seinem Süd-Balkon im dritten Obergeschoss eine Markise anbringen und bat seine Vermieterin um Zustimmung. Diese lehnte ab. Der Balkon sei komplett überdacht. Eine zusätzliche Beschattung sei durch einen Sonnenschirm möglich. Würde man einem Mieter das Anbringen einer Markise gestatten, hätten auch die anderen das Recht dazu und es käme zu einem völlig uneinheitlichen Erscheinungsbild des Hauses. Der Mieter erhob daraufhin Klage vor dem Amtsgericht München. Motto: Für eine ausreichende Beschattung brauche er eine Markise. Eine optische Beeinträchtigung sei nicht gegeben, schließlich sei die Balkonseite nicht einsehbar.

Die Richterin gab dem Mieter Recht und verurteilte die Vermieterin dazu, das Anbringen der Markise zu gestatten. Begründung: Der Mieter habe aus dem Mietvertrag ein Recht gegenüber der Vermieterin auf vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache. Der Grundsatz von Treu und Glauben gebiete es hierbei, dass die Vermieterin nicht ohne triftigen, sachbezogenen Grund dem Mieter Einrichtungen versage, die diesem das Leben in der Mietwohnung angenehmer gestalten könnten. Der Schutz vor Sonne auf dem Balkon gehöre insoweit als sozial übliches Verhalten zum berechtigten Wohngebrauch des Mieters. Ein solcher Schutz könne durch das Aufstellen eines Sonnenschirms auf einem durch den darüber liegenden Balkon überdachten Balkon nicht ausreichend erreicht werden, da die Sonne im Tagesverlauf aus unterschiedlichen Richtungen auf den Balkon scheine und ein Sonnenschirm im Wesentlichen nur den Einfallwinkel von oben und nur einen kleinen Radius abdeckte. Demgegenüber gewährleiste eine Markise den größtmöglich Schutz gegen die Sonne, ohne die Nutzung des Balkons unzumutbar einzuschränken.

Die Amtsrichterin weiter: Zwar werde eine derartige Markise mit der Decke des darüber liegenden Balkons verschraubt und stelle somit eine bauliche Veränderung dar, die der Genehmigung des Vermieters bedürfe. Es stehe jedoch nicht im freien Ermessen des Vermieters eine solche Genehmigung zu verweigern. Der Vermieter habe vielmehr seine Zustimmung zu erteilen, wenn die Beeinträchtigung seines Eigentumsrechts gering sei und demgegenüber der Mieter in seinem üblichen Wohngebrauch zu stark eingeschränkt wäre. Vorliegend habe der Mieter sich ausdrücklich bereit erklärt, die Markise so zu gestalten, wie die Vermieterin es wünsche. Damit bleibe ein einheitliches Bild der Fassade besser gewahrt, als wenn jeder Mieter ein oder zwei Sonnenschirme von unterschiedlichen Farben auf seinen Balkon aufstelle, so die Richterin. Im Hinblick auf die bauliche Veränderung habe der Mieter zudem zugestanden, bei Auszug wieder den ursprünglichen Zustand des Balkons wiederherzustellen. Eine starke Beeinträchtigung des Vermieters durch die Maßnahme sei somit nicht erkennbar, während andererseits die Maßnahme dem Mieter das Wohnen in der Mietwohnung wesentlich angenehmer gestalte. Das Urteil ist rechtskräftig.

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