Obdachlos: Keine eigene Wohnung wegen der Religion

Mainz · Einer vierköpfigen Familie ist die Unterbringung in zwei Zimmern einer Gemeinschaftsunterkunft zuzumuten. Eine abgeschlossene Wohnung aus religiösen Gründen ist nicht erforderlich, so die Justiz.

Mainz. Das Verwaltungsgericht Mainz hat den Eilantrag einer vierköpfigen, von Obdachlosigkeit bedrohten islamischen Familie auf Zuweisung einer eigenen Wohnung abgelehnt. Das Ehepaar mit zwei Kindern wollte von der Stadt Mainz aus religiösen Gründen statt der angebotenen Räume in einer Gemeinschaftsunterkunft eine abgeschlossene Wohnung zugewiesen bekommen (Az.: 1 L 1051/12.MZ).

Die betroffene Familie beziehen Arbeitslosengeld II (Hartz IV). Sie verlor ihre bisherige Wohnung letztlich durch Zwangsräumung wegen Mietrückständen. Zuvor hatte die Sozialbehörden der Familie zur Abdeckung aufgelaufener Mietrückstände Darlehen von mehr als 4.000 Euro gewährt. Die Stadt Mainz stellte den Antragstellern nach der Zwangsräumung in einer Gemeinschaftsunterkunft zwei Zimmer nebst Bad und WC sowie Küchenmitbenutzung zur Verfügung. Diese Unterkunft lehnten die Antragsteller aus religiösen Gründen ab: Nach dem Koran sei es verheirateten Frauen verboten, sich in Abwesenheit des Ehemannes mit anderen Männern in einem Raum aufzuhalten. Beim Verwaltungsgericht stellten die Familienmitglieder deshalb den Antrag, die Stadt Mainz per einstweiliger Anordnung zu verpflichten, ihnen eine mindestens zwei Zimmer umfassende abgeschlossene Wohnung zur Verfügung zu stellen.
Diesen Antrag haben die Richter abgelehnt: Die Unterbringung in der Gemeinschaftsunterkunft sei den Antragstellern zumutbar. Eine Obdachlosenunterkunft müsse lediglich Mindestanforderungen bezüglich einer menschenwürdigen Unterbringung genügen, da sie nur der Behebung einer vorübergehenden Notlage diene. Dies besage auch, dass die Unterkunft nicht jede religiöse Ausgestaltung des Privatlebens ermöglichen müsse. Es sei aber Sache der betroffenen Antragsteller, in ihren abgeschlossenen Räumen in der Gemeinschaftsunterkunft ihr Leben im Rahmen des Möglichen nach ihren Vorstellungen zu gestalten. red/wi

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