Lernen mit Hartz IV: Schülerin bekommt eigenen Scheibtisch

Berlin · Zur notwendigen Einrichtung einer Wohnung kann auch ein Platz zum ungestörten Lernen mit Schreibtisch gehören. Die Kosten bei einer schulpflichtigen Empfängerin von Hartz IV muss das Jobcenter übernehmen.

Berlin. Eine Grundschülerin, die von Hartz IV lebt, kann vom Jobcenter für die Erledigung ihrer Hausaufgaben einen eigenen Schreibtisch verlangen, wenn in der Wohnung kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Das hat das Sozialgericht Berlin laut Juris entschieden ( Az.: S 174 AS 28285/11 WA).

Die sechsjährige Klägerin lebte zusammen mit ihrer studierenden Mutter, dem zehnjährigen Bruder und der neugeborenen Schwester in einer Dreizimmerwohnung in Berlin-Schöneberg. Im Zusammenhang mit ihrer Einschulung beantragte sie 2008 unter anderem Leistungen für die Anschaffung eines Schülerschreibtisches. Den Schreibtisch im Zimmer ihrer Mutter könne sie nicht benutzen, da diese selbst studiere und dort auch die kleine Schwester schlafe. Der - selbst gebaute - Schreibtisch im Zimmer des Bruders komme nicht in Betracht, da er ihn selbst brauche und oft Freunde zu Besuch habe. In der kleinen Küche fehle die erforderliche Ruhe. Das Jobcenter Tempelhof-Schöneberg lehnte die Kostenübernahme ab. Der Klägerin sei es zuzumuten, einen der vorhandenen Schreibtische zu benutzen. Daraufhin kaufte sich die Klägerin aus eigenen Mitteln einen Schreibtisch für 120 Euro und klagte.

Das Sozialgericht hat der Klage stattgegeben und das Jobcenter zur Kostenerstattung in Höhe von 70 Euro verurteilt. Nach Auffassung der Richter ist die erstmalige Anschaffung eines Schülerschreibtisches eine "Erstausstattung für die Wohnung", für die das Jobcenter die Kosten zu erstatten habe. Wie bereits das Bundessozialgericht ausgeführt habe, fielen unter den Begriff der Erstausstattung sämtliche Einrichtungsgegenstände, die für eine geordnete Haushaltsführung notwendig seien und dem Leistungsberechtigten ein an den herrschenden Lebensgewohnheiten orientiertes Wohnen ermöglichten. Und weiter: In der konkreten Situation der Klägerin habe jedenfalls ein entsprechender Bedarf bestanden. Ein eigener Schreibtisch sei notwendig, um der Klägerin die Erledigung ihrer Hausaufgaben in einer Atmosphäre zu ermöglichen, die einen Lernerfolg vermuten lasse. Dadurch werde letztendlich auch der Gefahr begegnet, dass der Steuerzahler später durch weitere Leistungen für Bildung und Teilhabe mit Kosten belastet werde, die weitaus höher seien als die umstrittene Kostenerstattung. Eine Internetrecherche des Sozialgerichts habe allerdings ergeben, dass gebrauchte Kinderschreibtische nur rund 70 Euro kosteten. Auf diesen Betrag sei die Erstattungsforderung daher zu beschränken gewesen. Dieses Urteil ist nicht mit der Berufung anfechtbar, da der Beschwerdewert den Betrag von 750 Euro nicht übersteigt. red/wi

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