Fotovoltaikanlage darf eventuell auf denkmalgeschützte Pfarrscheuer

Mannheim · Die Grenzen von Denkmalschutz und umweltfreundlicher Energiegewinnung werden neu ausgelotet. Eventuell darf künftig eine Photovoltaikanlage sogar auf ein Dach, wenn sie ein denkmalgeschütztes Ensemble stört.

Mannheim. Der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim hat entschieden, dass für unterschiedliche Baumaßnahmen mit Blick auf den Denkmalschutz unterschiedliche Maßstäbe gelten. Durch Fotovoltaikanlagen hervorgerufene Beeinträchtigungen seien demnach wegen des in der Verfassung verankerten Klimaschutzes in stärkerem Maße hinzunehmen als Beeinträchtigungen durch andere bauliche Veränderungen (Az.:1 S 1070/11).
In dem vom Rechtsportal Juris veröffentlichten Fall hatte eine Kirchengemeinde die denkmalschutzrechtliche Genehmigung zum Aufbau einer Fotovoltaikanlage auf ihrer Pfarrscheuer beantragt. Die Scheune liegt neben der katholischen Pfarrkirche und dem dazugehörigen Pfarrhaus. Das Landratsamt lehnte die Genehmigung nach Einholung einer Stellungnahme des Referats Denkmalpflege beim Regierungspräsidium ab. Das Regierungspräsidium hatte darauf verwiesen, dass die Pfarrscheuer sich im Ensemble von Kirche und Pfarrhaus befinde, die beide Kulturdenkmale von besonderer Bedeutung seien. Die spiegelnde Glasdachdeckung der Fotovoltaikanlage beeinträchtige sowohl das Kulturdenkmal als auch die Umgebung über alle Maßen.

Die Kirchengemeinde zog vor Gericht und bekam in zweiter Instanz Recht. Die Richter dazu: Bei einem Ortstermins seien sie zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Fotovoltaikanlage das Erscheinungsbild der - wegen der heimatgeschichtlichen Bedeutung als einfaches Kulturdenkmal unter Denkmalschutz stehenden - Pfarrscheuer nicht erheblich beeinträchtige. Solche Anlagen würden in ländlich strukturierten Gegenden heute zum normalen Erscheinungsbild gehören. Der Durchschnittsbetrachter nehme sie nicht mehr als exotische Fremdkörper wahr, die schon per se und erst recht auf einem Kulturdenkmal als störend empfunden würden, wie dies vielleicht in der Anfangszeit der Nutzung dieser Technik noch der Fall gewesen sei. Es sei ein Gewöhnungseffekt eingetreten, der durch die gewandelten Anschauungen über die Notwendigkeit der vermehrten Nutzung regenerativer Energien und die damit einhergehende positive Grundeinstellung des Durchschnittsbetrachters zu dieser Form der Energiegewinnung noch verstärkt werde. Allerdings, so die Richter weiter, würde eine Fotovoltaikanlage auf dem Dach der Pfarrscheuer das unter besonderem Schutz stehende und wegen seiner Lage besonders schützenswerte Erscheinungsbild des Pfarrhauses und der Pfarrkirche - als einzelne Kulturdenkmale - erheblich beeinträchtigen.

Die zuständige Behörde müsse daher erneut über den Genehmigungsantrag entscheiden, so das Urteil des Verwaltungsgerichtshofes. Hierbei sei das öffentliche Interesse an der Erschließung erneuerbarer Energien mit dem ihm zukommenden Gewicht in die Abwägung zu beachten. Denn der Klimaschutz sei als Staatszielbestimmung im Grundgesetz und in der Landesverfassung verankert. Das bedeute, dass den Belangen des Denkmalschutzes auch bei einer erheblichen Beeinträchtigung nicht automatisch der Vorrang gegenüber den Belangen des Klimaschutzes einzuräumen sei. Es spreche einiges dafür, dass das Regierungspräsidium dies bisher nicht hinreichend beachtet habe. red/wi

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort