Falscher Arzt und Privatpatient zockt Mediziner ab - Haftstrafe

Saarbrücken · Wegen Betruges und Titelmissbrauchs muss ein 39-Jähriger ins Gefängnis. Er hatte keine private Krankenkasse und bekam Herzbeschwerden. Darauf ging er zu den besten Ärzten, gab sich als "Doktor und Privatpatient" aus und erschwindelte ärztliche Leistungen für rund 100 000 Euro.

Der Mann auf der Anklagebank bekam als Patient das, wovon Millionen Kassenpatienten träumen. Wenn der durchtrainierte, braun gebrannte 39-Jährige zum Arzt ging, dann gab es einen schnellen Termin nebst Vorzugsbehandlung. Und zwar nicht deshalb, weil der Mann so nett und charmant war. Im Gegenteil. Nach Aussage von Arzthelferinnen war der Patient arrogant, bestimmend und von oben herab. Der vermeintliche "Dr. Soundso, Arzt und Privatpatient" wollte nie warten. Und seine Mediziner-Kollegen hatten natürlich Zeit für ihn. Sogar seinen Hund ließ der Angeklagte bei einer Tierarztpraxis entsprechend behandeln. Bloß bezahlen konnte er all die Rechnungen über insgesamt etwa 100 000 Euro nicht. Wegen Betruges und Titelmissbrauchs in insgesamt 59 Fällen hat das Landgericht ihn deshalb jetzt zu drei Jahren Haft verurteilt.

Der voll geständige und mehrfach teils einschlägig vorbestrafte Angeklagte stammt aus Baden- Württemberg. Dort machte er nach dem Abitur eine Ausbildung zum Werkzeugmechaniker - wie sein Vater vor ihm. Aber das genügte dem Leistungssportler nicht. Er hatte andere Vorstellungen von seiner Zukunft. Nach eigener Aussage absolvierte er deshalb auf Privatschulen diverse Ausbildungen. Erst zum Physiotherapeuten, dann zum Chiropraktiker. Er wurde Heilpraktiker und Pharmareferent, betrieb eine eigene Praxis zur Schmerztherapie. Dann war er "Naturarzt in der Schweiz" und "Dozent für schulmedizinische Grundlagen" für Apotheker und Heilpraktiker. Damit soll er als Freiberufler etwa 5000 bis 6500 Euro im Monat verdient haben. Seit dem Jahr 2003 studierte der Angeklagte zudem Medizin. Damit habe er aber 2007/2008 aufgehört, als er krank wurde.

Der 39-jährige und seine Anwälte weiter: Damals habe der Mann Herzbeschwerden bekommen. Die hätten ihm Angst gemacht - zumal er bereits als junger Sportler zeitweise Herzprobleme mit unklarer Ursache gehabt habe. Dazu kam eine Virusinfektion. Das Problem dabei. Der eigentlich privat versicherte Freiberufler war damals finanziell schwer angeschlagen, hatte seine Beiträge für die Versicherung nicht bezahlt und stand ohne private Krankenversicherung da. Zum Sozialamt, das in Notfällen die Behandlungskosten übernimmt, wollte der Mann aber nicht gehen. Er wollte nicht als Sozialfall oder als normaler Kassenpatient zum normalen Arzt. Dort fühlte er sich selbst und seine Krankheit nicht richtig ernst genommen. Aber als "Doktor Soundso, Privatpatient" mit dem entsprechenden Auftreten sei er ernst genommen worden. Er habe als vermeintlicher Kollege den Zugang zu den besten Ärzten und Untersuchungsmethoden bekommen. Eine Spezialbehandlung, die er seiner Meinung nach als Kassenpatient nicht erhalten hätte. Mehr als 50 Mal ließ er sich so im Saarland und anderswo bis zum Jahr 2010 als Privatpatient auf eigene Rechnung behandeln, obwohl er wusste, dass er nicht zahlen kann. Außerdem kaufte der vermeintliche Arzt diverse medizinische Geräte, die er nicht bezahlte. Und sogar als es seinem Hund nicht gut ging, blieb der Angeklagte bei seiner neuen Identität/Masche. Gemeinsam suchten der vermeintliche Doktor und sein Rassehund eine Tierarztklinik auf. Dort wurde der Hund behandelt; auch diese Rechnung über 480 Euro wurde nicht bezahlt.

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