Journalisten hinterfragen Darstellung von Gewalt in den Medien

Saarbrücken · Werden Betroffene häuslicher oder sexistischer Gewalt durch die Darstellung in den Medien ein zweites Mal verletzt? Führt die Berichterstattung über Gerichtsverhandlungen zu einer weiteren Traumatisierung? Über dieses Thema sprachen am Wochenende Opferschutzgruppen mit Journalisten.

"Was Sprache m(M)acht - ein neuer Blick auf mediale Berichterstattung" war das Thema eines Vortrages zu dem Oberbürgermeisterin Charlotte Britz Opferschutzverbände und Journalisten am Freitagabend im Festsaal des Rathauses Saarbrücken begrüßte. Referentin war die Bielefelder Journalistin und Pädagogin Claudia Fischer. Seit 2005 hat sie Kontakt zum Dartcenter, einer amerikanischen Stiftung, die sich mit Traumata und Journalismus beschäftigt. Zur Zeit arbeitet sie an einem Buch zur Gewaltberichterstattung. Moderiert wurde der Abend von Christian Otterbach vom Saarländischen Rundfunk.

Allzu leichtfertig werden Betroffene von Gewaltverbrechen als Opfer bezeichnet. Aber wollen sie ihr Leben lang in der Opferrolle bleiben? Mit dieser Frage wurde die Diskussion eröffnet. In der Jugendsprache ist Opfer inzwischen ein Schimpfwort. Aber wer sich dazu entschlossen hat, das ihm zugefügte Unrecht ans Licht der Öffentlichkeit zu bringen, will nicht länger Opfer sein. Andererseits kämpfen Betroffene darum, endlich als Opfer anerkannt zu werden, immer noch aktuell in Missbrauchsfällen durch kirchliche Amtsträger. Von den Medien ist daher ein besonders sorgfältiger Umgang mit Sprache zu fordern.

Das Projekt Berichterstattung und Opferschutz ist eine Kooperation des Frauennotrufs Saar mit dem Frauenbüro der Landeshauptstadt Saarbrücken, der Beratungsstelle "Nele" Verein gegen sexuelle Ausbeutung von Mädchen e.V., PHOENIX -Beratung gegen sexuelle Ausbeutung von Jungen (AWO/SPN), Beratungs- und Interventionsstelle für Opfer häuslicher Gewalt im Saarland (SkF/ in Kooperation mit dem Caritasverband), Elisabeth-Zillken-Haus (SkF), den Frauenhäusern der AWO und dem Saarländischen Journalistenverband - SJV.

Fortgesetzt wurde die Veranstaltung am Samstagvormittag mit einer Medienwerkstatt im Presseclub des SJV am St. Johanner Markt. Anhand konkreter Beispiele beleuchteten die Referentin des Vorabends, Claudia Fischer, und Antonia Schneider-Kerle vom Frauennotruf gemeinsam mit Journalisten konkrete Berichte in Rundfunk und Printmedien aus der jüngsten Vergangenheit. Wichtige Fragen waren zum Beispiel, wie detailliert darf Gewalt dargestellt werden oder wurden Betroffene hinreichend anonymisiert. Doch auch den Tätern muss Gerechtigkeit widerfahren, denn die Unschuldsvermutung endet nicht automatisch nach der Verkündung eines Urteils. An Ende der Veranstaltung wurde vereinbart, den Dialog fortzuführen.

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