Junger Mann (28) baut Autounfall ohne Führerschein – Rente fällt weg

Gießen · Risiko: Wer unter Alkohol oder ohne Führerschein einen Unfall baut, der riskiert bei gesundheitlichen Dauerfolgen den Verlust seiner Rente. Die Sozialkassen sollen nämlich nicht für die Folgen selbst verübter Straftaten gerade stehen.

Ein Arbeitnehmer, der nach einem Autounfall nicht mehr in vollem Umfang erwerbsfähig ist, hat keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung, wenn er betrunken und ohne Fahrerlaubnis gefahren ist. Das hat das Sozialgericht Gießen laut Rechtsportal Juris entschieden (Az.: S 4 R 158/12).

Im konkreten Fall war ein 28-jähriger Mann nachts auf der Autobahn mit seinem Pkw in einen Erdhügel gefahren und hatte sich dabei mehrere Frakturen und eine Schädigung der Armnerven zugezogen. Wegen der Unfallfolgen kann er seinen Beruf und auch andere Tätigkeiten nicht mehr ausüben. Deshalb beantragte er bei der Deutschen Rentenversicherung eine Rente wegen Erwerbsminderung.

Das Problem dabei: Der Mann hatte zum Unfallzeitpunkt keine Fahrerlaubnis und zudem 1,39 Promille Alkohol im Blut. Deshalb war er vom Amtsgericht Groß-Gerau nach dem Unfall wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Die Rentenversicherung lehnte mit Blick auf dieses Urteil des Strafgerichts den Rentenantrag ab. Sie stützte sich auf eine entsprechende Vorschrift des Sozialgesetzbuches. Danach kann eine Rente ganz oder teilweise versagt werden, wenn jemand sich die für die Rentenleistung erforderliche gesundheitliche Beeinträchtigung bei einer Handlung zugezogen hat, die nach strafgerichtlichen Urteil ein Verbrechen oder ein vorsätzliches Vergehen ist.

Der Anwalt des Mannes argumentierte dagegen, die vorsätzliche Fahrt ohne Fahrerlaubnis sei nicht ursächlich für den Unfall gewesen. Sein Mandant habe über die notwendigen theoretischen und praktischen Kenntnisse für das Autofahren verfügt, da er früher bereits einmal den Führerschein besessen habe. Die Trunkenheit im Straßenverkehr habe er zudem nur fahrlässig, nicht vorsätzlich begangen.

Das SG Gießen hat die Klage dennoch abgewiesen. Nach seiner Auffassung wäre es zu dem Unfall nicht gekommen, wenn der Kläger nicht gefahren wäre. Das Fahren ohne Fahrerlaubnis könne demnach auch nicht getrennt von der fahrlässigen Trunkenheit im Straßenverkehr gesehen werden. Zum Zeitpunkt des Unfalls habe der Kläger alkoholbedingt offensichtlich nicht mehr über die für das Autofahren notwendigen theoretischen und praktischen Kenntnisse verfügt, sonst wäre es zu dem Unfall nicht gekommen.

Die Richter weiter: Die Rentenversicherung habe mit ihrer Ablehnung auch keinen Ermessensfehler begangen. Zweck der von ihr angewandten Vorschrift sei ein Ausgleich zwischen dem Grundsatz, dass Sozialrecht keine strafrechtlichen Funktionen wahrzunehmen hat, und dem sozialethisch kaum tolerierbaren Ergebnis, dass schwere Strafverstöße auch noch durch Sozialversicherungsleistungen "belohnt" werden. Dem habe die Rentenversicherung ausreichend Rechnung getragen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. red/wi

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