Am Auto klemmen die Spiegel: Darf man deshalb einen neuen Wagen fordern?

Karlsruhe · Wenn ein neues Auto Mängel hat, dann kann man grundsätzlich Nachbesserung oder die Lieferung eines neuen Wagens fordern. Aber vor dem Tausch alt gegen neu stehen nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs hohe Hürden.

Darf jemand sein frisch erworbenes Auto zurückgeben und ein neues fordern, weil an seinem Wagen die elektrischen Spiegel nicht einklappen? Mit den rechtlichen Folgen dieser Frage musste sich jetzt der Bundesgerichtshof in Karlsruhe befassen. Seine Antwort für Kauf und Leasing: Grundsätzlich ist die Sache einfach. Wer einem anderen eine neue Ware verkauft, der muss dafür gerade stehen, dass alles funktioniert. Klappt das nicht, dann kann der Käufer Nacherfüllung verlangen. Diese umfasst entweder die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache. Aber die Nachlieferung einer neuen Sache kann verweigert werden, wenn sie nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden ist, so das Bundesgericht (Az.: VIII ZR 273/12 ).

Die Einzelheiten: Der spätere Kläger hatte mit einem Autohaus einen Leasingvertrag über einen Neuwagen abgeschlossen. Aber der Mann war mit dem Wagen nicht zufrieden, rügte deshalb verschiedene Mängel. Das Autohaus erkannte diese Mängel nicht an, winkte ab und meinte, dass alles in Ordnung sei. Der Autofahrer forderte daraufhin mangels Mängelbeseitigung die Nacherfüllung des Vertrages durch Lieferung eines Neufahrzeugs. Das zuständige Landgericht in Regensburg wies diese Klage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens ab. In zweiter Instanz gab anschließend das Oberlandesgericht (OLG) in Nürnberg dem Mann Recht. Begründung: Das gelieferte Fahrzeug sei jedenfalls insoweit mangelhaft, als die automatisch an- und ausklappenden Außenspiegel nicht zuverlässig funktionierten. Die Beklagte habe die Beseitigung des Mangels und damit die gebotene Nacherfüllung insgesamt zu Unrecht abgelehnt. Wenn daraufhin der Kläger als Nacherfüllung vor Gericht die Lieferung eines Neufahrzeugs fordere, sei dies nicht zu beanstanden. Insbesondere könne das Autohaus nicht im Nachhinein kommen und sagen, dass diese Nachlieferung mit Blick auf den vorhandenen, zunächst aber bestrittenen Mangel unverhältnismäßig teuer sei. So weit das OLG.

Diese Linie ging dem Bundesgerichtshof zu weit. Dazu die Richter: Verweigere der Verkäufer die Nacherfüllung zu Unrecht mit der Begründung, dass keine Mängel vorhanden seien, so könne der Käufer zwar einen Anspruch auf Nachlieferung geltend machen. Dies habe aber automatisch zur Folge, dass dem Verkäufer das Recht zustehe, diese vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung wegen unverhältnismäßiger Kosten zu verweigern. Diese Einrede sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Verkäufer zunächst jegliche Mängel des Fahrzeugs bestritten und aus diesem Grund die Nacherfüllung insgesamt verweigert habe.

Der Verkäufer kann sich nach diesem Urteil aus Karlsruhe quasi stufenweise wehren. Erst kann er sagen, dass keine Mängel vorhanden sind. Wenn diese jedoch zu beweisen sein sollten, dann kann er im Nachhinein vor Gericht sagen, dass die Lieferung einer neuen Sache unverhältnismäßig teuer sei. Sprich: Jetzt würde ich lieber reparieren, als neu liefern. Der Käufer einer neuen Sache hängt damit nun bis zur rechtlichen Klärung der Mängelfrage quasi in der Luft. wi

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