Harte Jungs: Gewalt und Aggression kosten 20-Jährigen den Führerschein

Gelsenkirchen · Wer aggressiv und mit Straftaten durch sein Leben geht, der riskiert mangels charakterlicher Eignung seinen Führerschein. Das gilt sogar dann, wenn kein einziges Delikt im Straßenverkehr verübt wurde.

Gelsenkirchen. Der Entzug der Fahrerlaubnis ist nach Gewalttaten möglich. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat entschieden, dass der Führerschein wegen fehlender charakterlicher Eignung zur Teilnahme am Straßenverkehr sogar dann entzogen werden kann, wenn der Betroffene bislang verkehrsrechtlich noch gar nicht aufgefallen ist. Ein medizinisch-psychologisches (MPU) Gutachten ist dafür laut Rechtsportal Juris nicht erforderlich (Az.: 7 L 896/12).
Der Fall: Ein 20-Jähriger Dortmunder ist seit seinem 15. Lebensjahr mehrfach und fortlaufend nach dem Jugendstrafrecht wegen (gefährlicher) Körperverletzung, Sachbeschädigung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Beleidigung verurteilt worden. Die Fahrerlaubnisbehörde entzog dem jungen Mann deshalb die Fahrerlaubnis. Begründung: Bei dem hohen Aggressionspotenzials des Heranwachsenden sei nicht zu erwarten, dass er sich im Straßenverkehr hinreichend angepasst und an den Regeln orientiert verhalte.

Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat der Behörde Recht gegeben und den Antrag des Heranwachsenden gegen den sofortigen Führerscheinentzug zurückgewiesen. Dazu die Richter: Anhaltspunkte dafür, dass die Strafverfahren und Jugendstrafen sowie ein nach eigenen Angaben durchgeführtes Anti-Aggressionstraining irgendeine Verhaltensänderung bewirkt haben könnten, seien nicht ersichtlich. Eher im Gegenteil. Aktuell sei der Antragsteller gemeinsam mit Mitgliedern einer neonazistischen Gruppe angeklagt, weil er 2010/2011 an Körperverletzungen auf dem Dortmunder Weihnachtsmarkt, dem Überfall auf eine Gaststätte und an Körperverletzungsdelikten in Duisburg beteiligt gewesen sein soll.

Diese Strafverfahren können nach Auffassung des Verwaltungsgerichts im konkreten Fall berücksichtigt werden, obwohl sie noch nicht rechtskräftig abgeschlossen sind. Und zwar deshalb, weil aus ihnen in Verbindung mit den schon rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahren deutlich werde, dass das aggressionspotential des Antragstellers mit anderen Mitgliedern seiner Gruppierung zusammen und häufig auch unter erheblichem Alkoholeinfluss weiterhin ungehemmt wirke und von einer Besserung oder gar Aufarbeitung nicht die Rede sein könne. Deshalb sei, obwohl der Antragsteller bisher verkehrsrechtlich nicht aufgefallen ist, auch ohne Abklärung durch ein medizinisch-psychologisches Gutachten von der Nichteignung des Antragstellers auszugehen. Bei diesem Sachverhalt stehe die Entziehung der Fahrerlaubnis nicht im Ermessen der Behörde.

Auch an der Anordnung der sofortigen Vollziehung der Entziehungsverfügung bestehen nach Auffassung des Verwaltungsgerichts keine Bedenken. Etwaige mit der sofort wirksamen Fahrerlaubnisentziehung verbundene insbesondere wirtschaftliche und berufliche Schwierigkeiten habe der Antragsteller hinzunehmen, weil gegenüber seinen Interessen das Interesse am Schutz von Leib, Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer eindeutig überwiege, so die Richter. red/wi

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