Sketch mit Nazi-Gruß als Reisemangel?

München · Ein Reisemangel kann auch dann vorliegen, wenn einem Urlauber das Gefühl vermittelt wird, vor Ort nicht willkommen zu sein. Das hat das Amtsgericht München klargestellt und einen Ägyptenurlauber 34,25 Euro zugesprochen.

München. Mit dem juristischen Nachspiel einer Ägyptenreise musste sich das Amtsgericht München befassen. Der Streit ging um die Auflage einer Sonnenliege und einen Sketch der Animateure bei einer Abendveranstaltung (Az.:C 28813/09).

Dazu heißt es in dem von Juris veröffentlichten Urteil: Der spätere Kläger buchte 2009 eine siebentägige Pauschalreise nach Sharm-El-Sheik in Ägypten zum Reisepreis von 689 Euro. Reisezeit war Mitte September. Während seines Aufenthalts wurde von einer Sonnenliege, die er normalerweise benutzte, die Auflage weggenommen und einem anderen Urlauber gegeben. Zu diesem Zeitpunkt war der Urlauber nicht auf der Liege gelegen. Die Auflage gehörte dem Hotel. Erst nach einer 30-minütigen Diskussion bekam er die Auflage zurück.

Zwei Tage vor der Rückreise wurden am Abend auf einer Bühne Sketche aufgeführt. Bei einem Sketch sollten die unterschiedlichen Arten des Grüßens durch die verschiedenen Völker imitiert werden. Als der Gruß der Deutschen demonstriert werden sollte, gingen zwei Animateure im Stechschritt aufeinander zu. Beim Vorbeigehen erhoben sie den linken Arm und brüllten laut "Heil". Als der Reisende wieder Zuhause war, verlangte er von dem Reiseunternehmen Minderung des Reisepreises und zwar 10 Prozent des Gesamtreisepreises für das Entfernen der Auflage und 25 Prozent Nachlass vom Gesamtreisepreis für die Unannehmlichkeiten durch den Sketch. Außerdem war er der Meinung, ihm stünde auch ein Schadenersatz wegen entgangener Urlaubsfreude und wegen Verstoßes gegen das Diskriminierungsgesetz von mindestens 500 Euro zu. Das Reiseunternehmen zahlte allerdings nicht, da es die Vorfälle nicht als Mangel ansah.

Das Amtsgericht München hat der Klage in Höhe von 34,35 Euro stattgegeben; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Es wertet den Sketch als Reisemangel. Begründung: Dieser Vorfall gehe über eine bloße Unannehmlichkeit hinaus. Wie die Beweisaufnahme ergeben habe, sei nach dem Sketch eine allgemeine Stille im Zuschauerraum entstanden. Der Urlauber und seine Begleiterin hätten sich unwohl gefühlt. Wesentliches Element eines Urlaubs sei, dass man sich als Gast wohlfühle und gastfreundlich behandelt werde. Hier sei aber der Eindruck entstanden, als Deutscher nicht willkommen zu sein. Dies beeinträchtige die Reise. Allerdings sei zu berücksichtigen, dass diese nur zeitweilig beeinträchtigt gewesen sei. Der Sketch habe am vorletzten Tag stattgefunden. Der Kläger sei damit für zwei Tage und zwar in Höhe von 20 Prozent pro Tag zu entschädigen. Er bekomme daher 34,45 Euro Reisepreisminderung.

Ein Schadenersatzanspruch stünde ihm allerdings nicht zu. Der verunglückte Sketch sei nicht so gravierend, dass insgesamt davon auszugehen sei, dass die gesamte Urlaubszeit nutzlos vertan wurde. Auch ein Verstoß gegen das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz liege nicht vor. Eine Diskriminierung erfordere eine Herabsetzung von gewisser Intensität. Ein geschmackloser Scherz reiche dafür nicht aus.

Auch der Vorfall mit der Sonnenliegenauflage führe zu keiner weiteren Minderung. Solange der Kläger die Auflage nicht aktiv nutze, indem er darauf liege, könne er nicht erwarten, dass diese nicht von Hotelangestellten weggenommen werde, um sie anderen Urlaubern zur Verfügung zu stellen. Die Auflage gehöre schließlich auch dem Hotel. Soweit der Kläger einen Mangel darin sehe, dass die Wegnahme der Auflage zu einer 30-minütigen Diskussion geführt habe, sei zu berücksichtigen, dass eine Diskussion mindestens zwei Personen erfordere. Mehr als die 34,35 Euro stünden ihm daher nicht zu. Das Urteil ist rechtskräftig. red/wi

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