Mangel oder nicht Mangel?

München · Ab wann gelten Beeinträchtigungen im Urlaub als Reisemangel? Nicht selten beschäftigen sich Gerichte mit solchen Fragen. In einem Fall vor dem Amtsgericht München hatten die Klagenden wenig Erfolg.

München. Um die Beurteilung von Reisemängeln ging es vor dem Amtsgericht München. Dort musste ein ganzer Katalog angeblicher Mängel abgearbeitet werden. Am Ende der mustergültigen Prüfung, die vom Internet-Rechtsportal Juris veröffentlicht worden ist, blieb aber von der langen Mängelliste nicht mehr viel übrig.

Ein Paar buchte im Jahr 2008 bei einem Reiseunternehmen eine sogenannte Roulette-Reise zum Preis von 1688 Euro. Bei dieser Form von Buchung bestimmt der Veranstalter wesentliche Eckpunkte der Reise selbst. Klar war im konkreten Fall: Die Eheleute wollten in der zweiten Septemberhälfte in Kalabrien Urlaub machen. Gewünscht war eine Unterbringung in einem vom Veranstalter zu bestimmenden Vier-Sterne-Hotel mit All-Inklusive-Leistungen.

Die spätere Klägerin und ihr Lebensgefährte wurden in einem Hotel untergebracht, das oberhalb einer Hauptverkehrsstraße und einer Bahnlinie lag, die sich zwischen Hotelanlage und Strand befand. Dadurch wurde das Hotel vom direkten Zugang zum Strand abgeschnitten. Nicht nur das störte die Reisenden. Sie bemängelten Baulärm, die Tatsache, dass eine angebotene Thalassotherapie, also eine spezielle Wellnessanwendung mit Meerwasser, nicht durchgeführt werden konnte, kein Radio im Zimmer war, beim Fernseher nur der Empfang einzelner Satellitensender möglich war. Außerdem beklagten sie, dass All-Inklusive-Bänder getragen werden mussten, die Verpflegung eintönig war, eine Tauchstation fehlte, es nur einen Steinstrand gab, der nur mit einer dünnen Sandschicht aufgefüllt wurde, der Wasserpegel im Pool zu niedrig war, die Sportanimation in einer Stunde Beachvolleyball bestanden habe und die Pianobar zu laut war. Der Urlaub habe daher nicht den geringsten Erlebnis- und Erholungswert gehabt. Die Urlauber forderten daher 1750 Euro, einschließlich Geld für entgangene Urlaubsfreude, zurück. Dies lehnte das Reisebüro jedoch ab. Die Urlauber erhoben Klage vor dem Amtsgericht.

Das Gericht gab der Klage aber nur teilweise statt und sprach den Betroffenen insgesamt eine Minderung von 370 Euro zu. Denn auch bei einer Roulette-Reise seien bei der Beurteilung, ob ein Mangel vorliegt, die Leistungsbeschreibung und die örtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen. Dabei sei zu beachten, dass nicht jede Unannehmlichkeit während einer Reise einen Reisemangel darstelle. Die Buchung eines All-Inklusive-Angebots bedeute etwa keinen höheren Standard bei der Verpflegung. Warum eine Verpflegung auf Grund von Eintönigkeit ungenießbar sein solle, vermöge das Gericht nicht nachzuvollziehen. Es sei ebenso nicht verständlich, wie es zu dem Urteil "Eintönigkeit" komme, wenn regelmäßig ein Fleisch- und ein Fischgericht angeboten werden. Auch sofern nur eine Sorte Eier, Käse und Wurst beim Frühstück angeboten worden sein soll, sei dies nicht geeignet, eine Reisepreisminderung zu begründen. Ein Anstehen am Büfett möge lästig sein, sei jedoch hinzunehmen.

Auch, dass eine Sportanimation nur in einer Sportart bestand, berechtige ebenfalls nicht zur Minderung. Radio und spezielle Satellitensender seien nicht zugesichert gewesen. Auch wenn es sich um ein Vier-Sterne-Hotel handele, bedeute dies nicht, dass auf jedem Zimmer ein Radio vorhanden sein müsse. Auch das Tragen von Armbändern stelle keine Beeinträchtigung dar. Die so vorgenommene Gästekennzeichnung sei, auch wenn es sich um ein billiges Plastikarmband handelt, keine herabwürdigende Behandlung der Reisenden. Da bekannt gewesen sei, dass das Hotel über eine Pianobar verfügt, hätte auch mit Pianomusik gerechnet werden müssen. Eine Minderung komme daher nicht in Betracht. Da ein bestimmter Strandzustand nicht zugesichert wurde, sei ein Steinstrand hinzunehmen. Ansonsten sei die Hotelbeschreibung heranzuziehen.

Da das Hotel allerdings im Katalog Tauchkurse anbot, eine Tauchbasis aber fehlte, sei insoweit eine Minderung gerechtfertigt. Dasselbe gelte für die fehlende Thalassotherapie. Auch habe der geringe Wasserstand im Swimmingpool das Schwimmen eine Woche lang beeinträchtigt. Dafür sei eine Minderung zu gewähren. Auch der Baulärm berechtige zur Minderung, ebenso wie die sich zwischen Hotel und Strand befindende Eisenbahnlinie. Darauf hätte in der Leistungsbeschreibung hingewiesen werden müssen, da man damit nicht rechnen muss. (Az.: 222 C 13094/09). red/wi

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