Gewalt an der Schule rechtfertigt keinen Verweis in andere Klasse

Darmstadt · Der eine Schüler provoziert, der andere schlägt zu. Das ist Alltag in Schulen, speziell bei Jungen in der Pubertät. Aber was ist, wenn zwei Jungs regelmäßig aneinander geraten? Rechtfertigt dies den Verweis des einen aus der Klasse?

Das Verwaltungsgericht Darmstadt hat entschieden, dass ein Schüler der 9. Klasse einer Integrierten Gesamtschule keinen Rechtsanspruch auf eine "vorläufige" Entfernung eines Mitschülers aus seiner Klasse hat (Az.:3 L 879/14.DA ).

In dem von Juris veröffentlichten Fall hatte der eine Mitschüler dem anderen bei einem Streit einen heftigen Schlag ins Gesicht verpasst. Das Verwaltungsgericht sah darin zwar eine Körperverletzung und einen erheblichen Verstoß gegen die Schulordnung. Die Richter stellten aber gleichzeitig klar: Die Frage, ob und welche förmlichen Ordnungsmaßnahmen gegen einen Schüler ergriffen werden, unterliege dem pflichtgemäßen Ermessen der Schule oder der Schulaufsicht. Die gerichtliche Kontrolle solcher Entscheidungen beziehe sich lediglich auf die Frage, ob die rechtlichen Voraussetzungen einer Maßnahme, insbesondere eine hinreichende Rechtsgrundlage, vorlägen und ob das vorgeschriebene Verfahren eingehalten sei. Diese Überprüfung umfasse nicht die pädagogische Wertungen, um die es bei der Verhängung einer Ordnungsmaßnahme im Wesentlichen gehe.

Die Richter weiter: Es verbiete sich grundsätzlich für ein Gericht, die Schulbehörde zur Einleitung von Ordnungsmaßnahmen zu verpflichten. Dies käme nur dann in Betracht, wenn das Ermessen der Schule oder Schulaufsicht auf "Null" geschrumpft sei. Ob eine solche Ermessensreduzierung auf Null vorliege, lasse sich nur einzelfallbezogen und nicht abstrakt bestimmen. Hieran müssten jedoch sehr strenge Anforderungen gestellt werden.
Im konkreten Fall seien diese nicht erfüllt. Der Vortrag des betroffenen Schülers, der Mitschüler "schleiche" um ihn und auch seine Schwester "herum", sei nicht geeignet, eine solche Ermessensreduzierung zu begründen. Nach den Feststellungen der Schule halten sich beide Schüler voneinander fern. Selbstverständlich ließen sich auch dabei Begegnungen auf dem Schulgelände nicht vermeiden. Das sei aber auch der Fall, wenn der Mitschüler einer Parallelklasse zugewiesen werde. Insoweit sei nicht zu beanstanden, dass die Schule das Fehlverhalten des Mitschülers mit einem mehrtägigen Schulausschluss geahndet habe. Diese Sanktion sei auch im Hinblick auf die Schwere des Vorfalls nicht zu beanstanden.

Zudem habe es zwischen den Beteiligten unter Vermittlung des Schulpfarrers ein Mediationsgespräch zur Streitschlichtung gegeben. In dessen Verlauf habe der Antragsteller auch eingeräumt, den Mitschüler provoziert zu haben. Als Ergebnis des Mediationsgesprächs habe der handgreiflich gewordene Mitschüler eine schriftliche Erklärung abgegeben, künftig keine Gewalt mehr auszuüben. Dagegen habe der Antragsteller eine schriftliche Erklärung, künftig Provokationen zu unterlassen, nicht abgegeben. red/wi

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