Fußgängerzone: Frau stürzt auf Messingplatte – Stadt muss zahlen

Schleswig · Wer eine Gefahrenquelle schafft, der muss bei einem Unfall dafür haften. Das gilt auch für eine Stadt, die in ihrer Fußgängerzone Messingplatten mit den Namen von Sponsoren in den Boden legt.

Die Stadt Kiel haftet für den Sturz einer Fußgängerin auf einer regennassen Messingplatte in der Kieler Holstenstraße, weil sie ihre Verkehrssicherungspflichten verletzt hat. Das hat der 11. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig entschieden (Az.: 11 U 167/13).

Im konkreten Fall geht es um die so genannten Sprottenplatten in der Kieler Fußgängerzone. Das sind 24 auf 24 Zentimeter große Platten aus Messing zwischen den normalen Bodenplatten aus Stein. Darauf sind liegende Heringe (Sprotten) als Hochrelief abgebildet. Zudem ist der jeweilige Name eines Spenders aufgeführt, der die Umgestaltung der Kieler Fußgängerzone im Jahr 1988 durch einen finanziellen Beitrag ermöglicht hatte. Auf einer dieser Platten rutschte Anfang Dezember 2011 eine damals 58 Jahre alte Dame aus. Sie brach sich den Wadenbeinknochen. Am Unfalltag herrschte leichter Nieselregen bei einer Luftfeuchtigkeit von 75 Prozent.

Die Stadt Kiel lehnte eine Haftung für den Sturz ab. Das Landgericht Kiel holte in erster Instanz das Gutachten eines Sachverständigen ein. Der kam zu dem Ergebnis, dass von den mittlerweile abgelaufen Messingplatten bereits bei einem witterungsbedingt geringen Maß an Feuchtigkeit eine erhöhte Rutschgefahr ausgeht. Daraufhin verurteilte das Landgericht die Stadt Kiel zu Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz. Bei der Höhe der zugesprochenen Beträge ging das Landgericht von einem Mitverschulden der Fußgängerin aus, weil die Fußgängerin ortskundig und die Sprottenplatte gut erkennbar waren. Zudem war der Frau durch die Berichterstattung in der Presse bekannt, dass die Sprottenplatten eine erhöhte Rutschgefahr aufweisen. Gegen das Urteil des Landgerichts legte allein die Stadt Kiel Rechtsmittel (Berufung) zum Oberlandesgericht ein mit dem Ziel, überhaupt nicht zu haften.

Ohne Erfolg. Das Oberlandesgericht bestätigte die Linie der ersten Instanz: Die Stadt sei zutreffend wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflichten in der "Holstenstraße" in Kiel verurteilt worden. Durch das Einbringen der "Sprottenplatten" in der Fußgängerzone habe die Stadt eine potenzielle Sturzgefahr geschaffen, weil die im Gehweg eingelassenen Messingplatten bei geringer Feuchtigkeit in erheblichem Maße in der Rutschfestigkeit herabgesetzt sind. Die Rutschneigung der Platten habe sich im Laufe der Zeit auf Grund der zwischenzeitlichen Abnutzung erhöht. Im Hinblick auf diese Eigenschaft der Sprotten bei Feuchtigkeit treffe die Stadt, die aus einer Reihe von Presseberichten diese Eigenschaften kannte, eine gesteigerte Sicherungspflicht. Die Platten seien zwar ohne weiteres sichtbar. Ein Benutzer der Fußgängerzone müsse seinen Weg aber nicht so wählen, dass er nicht über diese Platten ausrutschen kann. Zumal ein Ausweichen vor den Sprottenplatten nicht immer möglich sein dürfte, weil die "Holstenstraße" zu den üblichen Ladenöffnungszeiten stark frequentiert werde, so die Oberrichter. red/wi

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