Rentner lebte in Pflegeheim: Stadt will 9000 Euro von dessen Sohn

Oldenburg · Eltern und Kinder müssen einander nach Möglichkeit Unterhalt bezahlen. Das gilt bei Bedarf in beide Richtungen. Eine Ausnahme gibt es aber bei besonders schwerwiegendem Fehlverhalten von einer Seite.

Oldenburg. Wer über Jahre keinen Kontakt zu seinen Kindern haben will und diese zurückweist, der kann später auch keinen Unterhalt von seinen Nachkommen verlangen. Folge: Wenn Vater oder Mutter in ein Altenheim kommen, dann bleiben die Kosten unter Umständen am Sozialstaat hängen. Er kann sie jedenfalls nicht von den Kindern des Betroffenen einfordern. Das hat das Oberlandesgericht Oldenburg laut Rechtsportal Juris entschieden (Az.: 14 UF 80/12).

Der Fall: Die Stadt Bremen hatte über mehrere Jahre die Pflegekosten für einen Senioren übernommen. Der Mann starb Anfang 2012 im Alter von 89 Jahren. Daraufhin forderte die Stadt rund 9 000 Euro vom Sohn des Verstorbenen zurück. Motto: Die Stadt sei in Vorlage getreten, der eigentliche Unterhaltsschuldner sei aber der Sohn. Der Sohn verweigerte die Zahlung. Denn: Sein Vater habe nach der Scheidung der Eltern im Jahr 1971 jeden Kontakt mit ihm abgelehnt.

Das Oberlandesgericht Oldenburg hat dem Sohn Recht gegeben. Begründung: Grundsätzlich schulden Verwandte in gerader Linie einander bei Bedarf und abhängig von ihren Möglichkeiten Unterhalt. Nach dem Gesetz könne dieser Anspruch allerdings im Falle schwerer Verfehlungen gegenüber dem Unterhaltsschuldner entfallen. Die Hürde für diese Ausnahme von der Regel sei aber relativ hoch. Nicht jeder Abbruch des Kontakts sei nämlich gleichzeitig eine schwere Verfehlung gegen den anderen. Deshalb bleibe die Pflicht zum Unterhalt auch bestehen, wenn der persönliche Kontakt zwischen den Verwandten eingeschlafen sei oder man sich entfremdet habe.

Im vorliegenden Fall, so die Richter weiter, sei dies anders. Hier sei der Kontaktabbruch besonders nachhaltig und kränkend gewesen. Der Vater habe alle Kontaktversuche seines Sohnes abgelehnt. Selbst bei der Beerdigung des Großvaters habe der Vater kein Wort mit seinem Sohn gewechselt. In seinem Testament habe der Vater zudem verfügt, der Sohn solle nur den "strengsten Pflichtteil" erhalten, er habe mit ihm schließlich seit 27 Jahren keinen Kontakt. Mit all dem habe der Vater einen besonders groben Mangel an verwandtschaftlicher Gesinnung gezeigt und den Sohn besonders schwer getroffen.

Der Vater habe offenkundig jegliche Beziehung persönlicher und wirtschaftlicher Art zu seinem Sohn abgelehnt und sich damit erkennbar aus dem Solidarverhältnis gelöst, das normalerweise zwischen Eltern und Kindern besteht. In einem solchen Falle müsse der Sohn keinen Unterhalt zahlen, so das Fazit der Richter. Die Stadt Bremen könne daher auch keine auf sie übergegangenen Ansprüche des Vaters gegen den Sohn geltend machen. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Das Gericht hat die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zugelassen. red/wi

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