Sozialamt zahlt kein Schulgeld für den Besuch einer Waldorfschule

Berlin · Empfänger von Sozialleistungen haben grundsätzlich keinen Anspruch darauf, dass der Staat die Kosten für eine Privatschule ihrer Kinder übernimmt. So ein aktuelles Urteil.

Berlin. Wer seine Kinder auf eine Waldorfschule schickt, muss dafür selbst bezahlen. Das Sozialgericht Berlin hat laut Rechtsportal Juris entschieden, dass grundsätzlich kein Anspruch gegen das Jobcenter auf Schulgeld für den Besuch einer solchen allgemeinbildenden Privatschule besteht (Az.: S 172 AS 3565/11).

Der Bedarf an Schulbildung werde durch die unentgeltlichen öffentlichen Regelschulen ausreichend gedeckt, so das Gericht. Zusätzliche Bildungsleistungen auf Kosten der Sozialkassen kämen nur ergänzend in Betracht, beispielsweise für Schülerbeförderung, Mittagsverpflegung, Gegenstände der persönlichen Schulausstattung wie Schulranzen und für vorübergehend notwendigen Nachhilfeunterricht.

Damit zum konkreten Fall: Der im Jahr 2000 geborene Kläger lebt zusammen mit seiner aus Thailand stammenden allein erziehenden Mutter und einer kleineren Schwester in Berlin-Wedding. Er besucht eine private Waldorfschule im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf, für die ein monatliches Schulgeld von 90 Euro zu zahlen ist. Das Jobcenter Berlin-Mitte lehnte die beantragte Übernahme dieser Schulkosten ab. Begründung: Es sei zwar nachvollziehbar, dass die Mutter dem Kläger eine ordentliche Schulbildung zukommen lassen wolle. Diese sei jedoch auch durch die kostenlosen staatlichen Schulen gewährleistet.

Hiergegen klagte der Schüler vor dem Sozialgericht: Seine Mutter habe in Thailand nur sechs Jahre lang eine Dorfschule besucht und spreche wenig Deutsch. Gerade im Bezirk Wedding werde der Bedarf an ausreichender Schulbildung an staatlichen Schulen nicht gedeckt. Dort hätten die Schulen einen hohen Anteil an Ausländern mit geringen deutschen Sprachkenntnissen. Der Besuch einer Waldorfschule sei daher für seine weitere Entwicklung wichtig.

Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen. Begründung: Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip enthalte nur einen Anspruch auf die Mittel, die für ein menschenwürdiges Dasein unbedingt erforderlich seien. Ein Anspruch auf den Besuch einer Privatschule lasse sich hieraus nicht ableiten. Der Bedarf an Schulbildung werde vielmehr durch öffentliche Regelschulen ausreichend gedeckt. Ausnahmen von diesem Grundsatz kämen nur in Betracht, wenn der Besuch einer öffentlichen Grundschule aus objektiven Gründen (beispielsweise wegen der Entfernung vom Wohnort) oder aus schwerwiegenden persönlichen Gründen nicht möglich oder zumutbar sei. Derartige Gründe lägen hier nicht vor.

Die Richter weiter: Allein die Auffassung des Klägers, dass Waldorfschulen besser seien als staatliche Schulen, begründe keinen weitergehenden Anspruch. Der Wunsch, den gemeinsamen Unterricht mit Schülerinnen und Schülern ohne ausreichende deutsche Sprachkenntnisse zu vermeiden, mache den Besuch einer staatlichen Schule für den Kläger nicht unzumutbar. Berlin sei eine multikulturelle Stadt, in der ein Viertel der Einwohner einen Migrationshintergrund habe - auch der Kläger selbst zähle hierzu. Im Bezirk Berlin-Mitte gebe es zahlreiche Grund- und weiterführende Schulen, die er besuchen könne. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Familie hat Berufung zum Landessozialgericht eingelegt. red/wi

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