Urteil: Waisenrente auch in Zeit zwischen Abitur und Studium

Trier · Wer die Wartezeit zwischen Abitur und Studium für ein Praktikum nutzt, bekommt in der Übergangsphase eventuell eine Waisenrente. Das hat das Sozialgericht Trier klargestellt.

Trier. Möglichst schnell zum Abitur - und dann ab ins Studium. Das Ideal der Bildungspolitik funktioniert im wirklichen Leben nicht immer. In machen Studiengängen kann man erst im Herbst anfangen. Und bis dahin müssen die Abiturienten warten. Für die Empfänger von Waisenrente kann dies schnell zum Problem werden und in einen finanziellen Engpass führen. Einer dieser Problemfälle landete kürzlich vor dem Sozialgericht in Trier.

Der Knackpunkt: Waisenrente wird längstens bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres gewährt - wenn der Empfänger sich in Schul- oder Berufsausbildung befindet. Oder wenn er sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Kalendermonaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten liegt. Folge, so die Richter: Liegen zwischen beiden Ausbildungsabschnitten mehr als vier Monate, entfällt nach der gesetzlichen Regelung grundsätzlich der Rentenanspruch.

In dem vom Sozialgericht Trier entschiedenen Fall ging es genau darum. Die betroffene junge Frau hatte nach dem Besuch der gymnasialen Oberstufe die Abiturprüfung im März 2010 bestanden. Im Oktober 2010 begann sie ein Lehramtsstudium an der Technischen Universität Kaiserslautern. Die Zwischenzeit von sechs Monaten füllte sie mit einem Praktikum in einer Behinderteneinrichtung sowie einem Auslandsaufenthalt zur Intensivierung der Sprachkenntnisse aus. Von der Universität Kaiserslautern wurde das Praktikum in der Behinderteneinrichtung anerkannt. Die Rentenkasse lehnte diese Anerkennung des Praktikums als Ausbildung ab. Sie war der Meinung, ein Praktikum zähle nur dann zur "Ausbildung", wenn es für den berufsqualifizierten Abschluss zwingend erforderlich sei, weil es beispielsweise im Rahmen einer Studienordnung vorgeschrieben sei oder von der geplanten Schule als Vorpraktikum verlangt werde.

Das Sozialgericht Trier folgte den Argumenten der Rentenkasse nicht. Es hat nun entschieden, dass auch ein solches Praktikum an einer Förderschule einer "Ausbildung" gleichsteht. Bei dem Praktikum habe es sich nicht nur um eine lediglich nützliche, der Persönlichkeitsbildung dienende, wünschenswerte, sinnvolle Nutzung der Übergangszeit zwischen Abitur und Aufnahme des Studiums gehandelt, sondern vielmehr um einen qualifizierten Erkenntniserwerb, da es auch von der Universität Kaiserslautern als ein für das Studium vorgeschriebenes Orientierungspraktikum anerkannt wurde. Die Tatsache, dass die Durchführung eines solchen Praktikums keine zwingende Voraussetzung für die Aufnahme des Studiums war, stehe dem dann nicht entgegen. Folge: Die zwischen Abitur und dem Beginn des Studiums liegende ausbildungsfreie Zeit von sechs Monaten habe so auf vier Monate begrenzt werden können. Die Rentenkasse müsse also zahlen (Az.: S 2 LW 5/12). red/wi

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