Ex-Patient erschießt seine Ärztin - Er muss aber nicht ins Gefängnis

Saarbrücken · Der Todesschütze von Dudweiler muss nicht ins Gefängnis. Das Landgericht hat den psychisch kranken Mann, der seine frühere Ärztin mit acht Schüssen getötet hat, zur unbefristeten Unterbringung in der forensischen Psychiatrie verurteilt.

 Vor dem Saarbrücker Schwurgericht fand der Prozess gegen den Todesschützen von Dudweiler statt.Location:Saarbrücken

Vor dem Saarbrücker Schwurgericht fand der Prozess gegen den Todesschützen von Dudweiler statt.Location:Saarbrücken

Foto: BeckerBredel

Der 44 Jahre alte Mann, der am 13. März 2015 in Saarbrücken-Dudweiler seine frühere Psychiaterin in deren Praxis erschossen hat, war zur Tatzeit schuldunfähig. Wegen einer paranoid halluzinatorischen Schizophrenie litt er unter Wahnvorstellungen und war für sein Tun strafrechtlich nicht verantwortlich. Er kann deshalb nicht zu einer Gefängnisstrafe verurteilt werden. Statt dessen ordnete das Landgericht die unbefristete Unterbringung des Beschuldigten in der forensischen Psychiatrie für gefährliche Straftäter an.

Ein Leben als Einzelgänger

Der Mann stammt ursprünglich aus Süditalien. Dort wuchs er bei seinen Eltern auf und ging vier Jahre in die Grundschule. Danach arbeitete er mit dem Vater in der Landwirtschaft. Im Alter von 13 Jahren kam er mit einem Onkel ins Saarland. Hier arbeite er in Restaurants, einer Fabrik oder auf dem Bau. Er hat keinen Schulabschluss, keine Berufsausbildung und spricht lediglich gebrochen Deutsch. Er lebte relativ isoliert, hatte Kontakt zu zwei Verwandten und zu Menschen, die er auf der Straße trifft und anspricht. Seit vielen Jahren, so die Richter weiter, leidet der Mann unter einer paranoid halluzinatorischen Schizophrenie. Seine inneren Wahnvorstellungen lassen ihn in einer Parallelwelt leben, in der er verfolgt und mit dem Tode bedroht wird. Im Jahr 2009 sprang er deshalb aus dem Fenster, als er sich zu Hause von mehreren Männern mit Pistolen bedroht sah. Seit diesem Sprung ist er gehbehindert. Um sich zu schützen, kaufte er auf dem Schwarzmarkt eine Pistole des Kalibers Neun Millimeter.

Medikamente gegen Wahnvorstellungen

Zwischen 2003 und 2011 war der Mann wegen seiner Erkrankung in psychiatrischer Behandlung bei seinem späteren Opfer. Dabei kam er insgesamt etwa 300 Mal zur Praxis der Ärztin in Dudweiler, meistens unangemeldet. Die Medizinerin brach die Behandlung schließlich ab, als der Patient ihr gegenüber zunehmend aggressiv wurde. Danach übernahm eine andere Ärztin in Saarbrücken die ambulante Behandlung des Mannes, der zudem mehrfach stationär in psychiatrischen Kliniken aufgenommen wurde. Insgesamt sind 18 Krankenhausaufenthalte zu verzeichnen, bei denen dem Mann spezielle Medikamente verabreicht wurden. Diese Mittel reduzieren die Wahnvorstellungen deutlich, haben aber Müdigkeit, Antriebslosigkeit und Potenzstörungen zur Folge. Viele Patienten reduzieren die Medikamente deshalb, sobald sie nicht mehr unter Kontrolle in einer Klinik sind. So war es auch bei dem Beschuldigten.

Acht Schüsse auf die Ärztin

Anfang März 2015 nahm er seine Medikamente nicht mehr und sein Zustand verschlechterte sich zunehmend. Am Morgen des 13. März ging er deshalb zur Praxis seiner früheren Ärztin in Dudweiler. Er wollte unbedingt mit ihr reden. Aber die 52 Jahre alte Medizinerin erklärte ihm, dass sie ja verabredet hätten, dass sie ihn nicht mehr behandelt. Daraufhin verließ der Mann die Praxis wieder und wollte mit dem Bus nach Hause fahren. Was dann genau in seinem Kopf passiert ist, konnte nicht mehr geklärt werden. Jedenfalls fuhr er nicht heim. Er ging zurück in die Praxis, an der Mitarbeiterin im Empfangsbereich vorbei und klopfte an der Zimmertür seiner früheren Ärztin. Als diese herauskam, wollte er wieder mit ihr sprechen. Sie sollte ihm - so seine Aussage - gegen seine Verfolger helfen und die Männer anzeigen. Aber die Ärztin erklärte ihm erneut ganz ruhig, dass er nicht mehr ihr Patient sei und ging zum Empfangstresen. Als sie etwa zwei Meter vor ihm stand, zog der 44-Jährige seine Pistole aus der Jackentasche und schoss acht Mal auf die Frau. Vier Kugeln trafen den Kopf und vier den Oberkörper, zwei davon direkt ins Herz. Die Ärztin war sofort tot. Anschließend ging der 44-Jährige aus der Praxis und warf die Pistole in einen Papierkorb. Am Marktplatz vor dem Haus setzte er sich auf einen großen Stein und rauchte eine Zigarette. Als die Polizei kam, ließ er sich ohne Widerstand festnehmen und in die forensische Psychiatrie bringen.
Dort soll er nun auf unbestimmte Zeit bleiben. Die Richter stuften den 44-Jährigen als gefährlich für die Allgemeinheit ein. Nach der Tat von Duweiler bestehe ein erhebliches Risiko, dass der Mann wieder massiv gewalttätig gegen Menschen werden könne, die Teil seines Wahnsystems werden. Das könnte dann andere Ärzte, Betreuer, Polizisten, Juristen oder andere Menschen treffen, die mit ihm zu tun haben. Oder irgendjemanden, den der Mann auf der Straße trifft.

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