Ältere Dame stirbt: Chefin ihres Pflegedienstes darf nicht erben

Frankfurt · Viele ältere, hilfebedürftige Menschen haben keine Angehörigen und werden von professionellen Pflegern unterstützt. Als Dankeschön wollen sie ihr Hab und Gut an die Pfleger vererben. Aber das ist in der Regel nicht erlaubt.

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Foto: Arne Dedert (dpa)

Ein Erbvertrag zwischen der Geschäftsführerin eines Pflegedienstes und einer von ihr gepflegten Patientin ist nichtig. Das hat das Oberlandesgericht in Frankfurt am Main bekräftigt (Az.: 21 W 67/14).

Im konkreten Fall ging es um eine ledige und kinderlose ältere Dame. Sie wurde über Jahre vom ambulanten Pflegedienst der besagten Geschäftsführerin betreut. Diese hatte die Rentnerin in einem Krankenhaus kennen gelernt, sie regelmäßig besucht, gemeinsame Ausflüge unternommen und zwei Mal in der Woche mit ihr zusammen Mittag gegessen. Knapp ein Jahr vor ihrem Tod schloss die ältere Dame mit der Geschäftsführerin einen notariellen Erbvertrag, mit dem diese als Alleinerbin eingesetzt wurde. Nach dem Tod der Erblasserin beantragte die Geschäftsführerin auf der Grundlage dieses Erbvertrages einen Erbschein beim Nachlassgericht.

Aber aus der Erbschaft im Wert von etwa 100 000 Euro wurde nichts. Stattdessen stellte das Oberlandesgericht Frankfurt fest: Die Geschäftsführerin sei nicht Alleinerbin geworden, da der Erbvertrag wegen Verstoßes gegen rechtliche Verbote nichtig sei. Demnach sei es dem Pflegepersonal von Einrichtungen oder Pflegeheimen grundsätzlich untersagt in Zusammenhang mit ihrer Arbeit größere geldwerte Vorteile anzunehmen, die über reine Anstandsgeschenke hinausgehen. Die entsprechende Regelung des Hessischen Heim- und Pflegegesetzes untersage es auch den Mitarbeitern einer ambulanten Betreuungs- oder Pflegeeinrichtung, sich neben der vereinbarten Vergütung Geld oder geldwerte Leistungen für die Pflegeleistungen versprechen oder gewähren zu lassen. Dieses Verbot solle verhindern, dass die Hilf- oder Arglosigkeit alter und pflegebedürftiger Menschen in finanzieller Hinsicht ausgenutzt werde und diene auch dazu, die Testierfreiheit der Betroffenen zu sichern.

Die Richter weiter: Bei einer Erbeinsetzung wie im konkreten Fall liege ein Verstoß allerdings nur dann vor, wenn die Erbeinsetzung im Zusammenhang mit der Erfüllung der Pflichten aus dem Pflegevertrag erfolge. Hierfür bestehe eine gesetzliche Vermutung, die nur durch den Beweis des Gegenteils widerlegt werden könne. Diesen Beweis des Gegenteils habe die Geschäftsführerin jedoch nicht erbringen können. Zwar sei nach der Beweisaufnahme davon auszugehen, dass zwischen ihr und der Erblasserin eine freundschaftliche und eine über eine Geschäftsbeziehung hinausgehende Bindung vorgelegen habe.

Es könne aber nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass kein Zusammenhang zwischen dem Erbvertrag und den Pflegeleistungen bestanden habe. Eine eindeutige Trennung zwischen dienstlicher und freundschaftlicher Beziehung sei nicht erkennbar und dürfte in der vorliegenden Konstellation praktisch auch nicht möglich sein. Gerade in diesen Fällen unklarer Beweislage, in denen die Motive und Gründe sowie die Zusammenhänge der Zuwendung offen blieben, müsse das Erbverbot im Interesse des Schutzes der Testierfreiheit gelten. So das Fazit der Richter.

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