Das Erbe für Tänzerin in Nachtclub ausgegeben – Und dann Hartz IV?

Heilbronn · Nach einer Erbschaft gab ein früherer Hartz-IV-Empfänger sein Geld für eine Nachtclub-Tänzerin und soziale Kontakt aus. Dann war das Geld alle. Und der Mann wollte erneut Sozialhilfe. Zu Recht, sagt das Sozialgericht.

Die Empfänger von Sozialhilfe können gewisse Freibeträge für sich behalten. Das Geld können sie sparen oder ausgeben, ohne dass sich dies negativ auf die Hilfeleistungen auswirkt. Das Sozialgericht Heilbronn hat dazu entschieden, dass Hartz IV Leistungen nicht zurückgezahlt werden müssen, wenn der Bezieher geerbtes Vermögen für Nachtclubtänzerinnen ausgibt (Az.: S 9 AS 217/12 - Juris).

Der Betroffene wurde 1955 geboren. Er bekam in der Vergangenheit Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II ("Hartz IV"), bis er vorübergehend eine Arbeitsstelle fand. Im März 2009 erbte er nach Abzug von Steuern und nachlassbedingten Ausgaben gut 16 000 Euro. In der Folgezeit lebte der Mann allein von diesem Geld und bestritt hiervon seinen Lebensunterhalt. Außerdem flossen größere Summen an eine Nachtclubtänzerin und wurden für das "Knüpfen von Beziehungen" ausgegeben. Nach etwa neun Monaten war das Geld alle. Im Dezember 2009 beantragte der inzwischen wieder mittellose Mann deshalb erneut Sozialhilfe, die ihm das Heilbronner Jobcenter auch fortlaufend bewilligte.

Im Oktober 2011 ruderte das Jobcenter jedoch zurück und schickte dem Betroffenen folgenden Bescheid: "Sie haben nach den vorliegenden Unterlagen Ihr Einkommen oder Vermögen vermindert. Aus den vorliegenden Unterlagen ist kein wichtiger Grund für Ihr Verhalten erkennbar. (…) Sie haben grob fahrlässig gehandelt. Sie sind deshalb zum Ersatz der deswegen gezahlten Leistungen verpflichtet. (…)

Das Sozialgericht Heilbronn hat den Bescheid aufgehoben. Dafür musste nicht entschieden werden, ob das Ausgeben einer Erbschaft für Nachtclubtänzerinnen als sozialwidriges Verhalten anzusehen sei, wie das Jobcenter offenbar meinte. Denn dem Kläger stehe ein Vermögensfreibetrag von knapp 9 000 Euro zu (so genanntes Schonvermögen). Diesen Betrag hätte er sogar weiter besitzen und trotzdem Hartz IV in voller Höhe beziehen können. Ein Ausgeben dieses Betrages könne daher nicht sozialwidrig sein, so die Sozialrichter. Zudem sei zu berücksichtigen, dass der Betroffene in den neun Monaten vom Erhalt der Erbschaft bis zum erneuten Bezug von "Hartz IV" mindestens notwendige Ausgaben in Höhe von 8.000 Euro gehabt habe. Und zwar monatlich rund 400 Euro Miete, knapp 140 Euro.

Krankenversicherungsbeitrag und 359 Euro sonstige Lebenshaltungskosten bei Ansatz des seinerzeitigen Regelsatzes, rechnen die Richter. Damit sei dem Betroffenen von der Erbschaft ein Restbetrag von 8000 Euro verblieben, der unterhalb des Freibetrages von 9000 Euro liege. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. red/wi

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