Radfahrer weicht Hund aus und stürzt: Muss der Tierhalter haften?

Saarbrücken/Coburg. · Wenn ein ängstlicher Radfahrer einem bellenden Hund ausweicht und dabei schwer stürzt, muss der Tierhalter nicht automatisch haften. Darauf weist die Saarländische Rechtsanwaltskammer hin.

Wenn die Sonne lacht, wird es eng auf Straßen und Wegen. Und nicht immer kommen Radfahrer, Fußgänger und Hunde ohne Probleme aneinander vorbei. In einem solchen Problemfall hat das Landgericht Coburg kürzlich die Klage eines Schülers gegen den Halter eines Hundes auf Schmerzensgeld abgewiesen. Darauf und auf die komplizierte Rechtslage bei solchen Konstellationen hat die Rechtsanwaltskammer des Saarlandes hingewiesen. Sie rät vor diesem Hintergrund allen Hundehaltern, eine Tierhaftpflichtversicherung abzuschließen.

Damit zu dem Fall aus Coburg. Dort ging es um einen jungen Mann, der auf einem 2,30 Meter breiten Weg zur Schule unterwegs war. Als er an einem Hund und dessen Herrchen vorbeifahren wollte, bellte der Hund und machte eine Bewegung in Richtung Radfahrer. Der stürzte und verletzte sich im Gesicht, an der Hand und im Bereich der Zähne. Deshalb wollte der Schüler vom Hundehalter ein Schmerzensgeld von mindestens 1 800 Euro. Begründung: Über die Bewegung des Hundes sei er so erschrocken, dass er spontan eine Ausweichbewegung eingeleitet habe. Dadurch sei er gestürzt. Der Hundehalter räumte vor Gericht daraufhin zwar ein, dass sein Tier versucht habe, hochzuspringen. Dies sei dem Hund jedoch nicht gelungen, da er ihn am Halsband festgehalten habe. Das Landgericht Coburg glaubte dem Hundehalter und wies die Klage des Schülers ab (Az.: 32 S 47/13).

Nach Feststellung des Gerichts handele es sich zwar um einen Fall, in dem man zunächst an die so genannte Tierhalterhaftung denken könne. Diese greife aber im konkreten Fall nicht ein, weil es sich um eine ungewöhnliche Schreckreaktion des Betroffenen gehandelt habe. Das einmalige Bellen und Aufrichten der Vorderbeine durch den Hund habe die Ausweichreaktion des Schülers nicht gerechtfertigt, so die Richter. Der Hund sei am Halsband festgehalten worden. Beim Kläger handele es sich zudem um einen sportlichen jungen Mann. Der habe mit dem gefährlichen Ausweichmanöver überreagiert. Dafür könne nicht der Hundehalter haftbar gemacht werden.

Martin Wendt von der Saar-Anwaltskammer hält dieses Urteil für richtig: "Im vorliegenden Fall hatte das Gericht festgestellt, dass der Hund nicht besonders groß und gefährlich wirkte. Deshalb ist die Entscheidung richtig." Es sei korrekt, den Tierhalter nur für die spezifischen Gefahren haften zu lassen, die von einem Tier ausgehen. Bei einer nachgewiesenen Überreaktion eines anderen Menschen greife diese Tierhalterhaftung deshalb nicht, so Wendt. "Allerdings sind die Grenzen fließend und abhängig vom jeweiligen Einzelfall. Tierhalter sollten deshalb vom ersten Tag an eine Tierhalterhaftpflichtversicherung abschließen", rät der Anwalt. red/wi

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