Fünf typische Erbrechts-Irrtümer

Berlin · Wer seinen Nachlass regeln will, tut gut daran, nicht allein auf das Gesetz zu vertrauen. Ohne ein korrektes Testament ist Streit unter Erben oft programmiert. Richtig vererben: Fünf Punkte, die es zu beachten gilt.

 Auch wenn man vor dem Tod mit einem Testament regelt, wer was erben wird, ist Ärger nicht ausgeschlossen. Foto: Frank May/dpa

Auch wenn man vor dem Tod mit einem Testament regelt, wer was erben wird, ist Ärger nicht ausgeschlossen. Foto: Frank May/dpa

Foto: Frank May/dpa

Eine Familie mit vier erwachsenen Kindern, der Vater stirbt und schon geht der Streit los: um das Geld, das Haus, den Wandschrank und die Golduhr. Der Vater hat darauf vertraut, dass das Gesetz das Nötige regelt und kein Testament hinterlassen. Solche Fälle sind nicht selten. Und selbst mit einem Testament gibt es viele Stolperfallen. "Der gröbste Irrtum ist der, dass dem Ehegatten nach dem Tod des anderen automatisch alles gehört", sagt Stephanie Herzog aus Würselen, Mitglied des Geschäftsführenden Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft Erbrecht im Deutschen Anwaltverein. Viele denken, die Kinder würden erst nach dem Tod des zweiten Partners erben. Dabei bedeute die Rangfolge laut Gesetz, dass Kinder automatisch bedacht werden. "Fehlt ein Testament oder ein Erbvertrag, dann erben die Kinder die Hälfte des Nachlasses", sagt Herzog. Ehe- oder Lebenspartner hätten - so sie keinen Ehevertrag haben - Anrecht auf die andere Hälfte.

Berliner Testament

Michael Sittig von der Stiftung Warentest in Berlin rät Partnern, die den jeweils anderen zunächst als Alleinerben einsetzen wollen, zu einem sogenannten Berliner Testament. Damit können sie festlegen, dass die Kinder erst nach dem Tod des zweiten Partners erben. Doch auch hier gibt es eine Stolperfalle, sagt Herzog: "Ein Berliner Testament können nur beide Partner gemeinsam ändern. Nach dem Tod des einen kann der andere nichts mehr umschreiben."

Der zweite Irrtum ist, Kinder könnten enterbt werden. Das ist falsch. "Enterben bedeutet, man hat die Person als gesetzlich Erbberechtigten ausgeschlossen", erklärt Sittig. Allerdings haben Kinder einen Anspruch auf einen bestimmten Anteil des Geldvermögens. "Dieser Pflichtteil ist den Kindern in aller Regel nicht zu nehmen", sagt Sittig. Die Erfahrung zeige, dass gerade Nachkommen, die sich mit ihren Eltern zerstritten haben, vehement diesen Pflichtteil einfordern, ohne Rücksicht auf Miterben.

"Es ist auch ein Anfängerfehler, dass Erblasser im Testament die Wertgegenstände an bestimmte Personen verteilen im Glauben, so Streit zu vermeiden", sagt Sittig. Nicht selten denken Erblasser, wenn sie möglichst detailliert ihren Besitz bestimmten Personen vermachen, sei alles geregelt. Sie vergessen aber häufig, diesen Erben zu benennen. "Der Erblasser muss einen Rechtsnachfolger bestimmen", sagt Sittig. Das seien nicht automatisch diejenigen, denen etwas vermacht wird. "In der ersten Stufe sollte in einem Testament der Erbe oder eine Erbengemeinschaft benannt werden. In einer zweiten Stufe kann ich dann meinen Nachlass verteilen."

Der Experte empfiehlt grundsätzlich dazu, sich von einem Fachanwalt beraten zu lassen. Herzog gibt ein weiteres Problem zu bedenken: "Das Gesetz sieht nur Quoten als Erbteile vor, keine Gegenstände." Im Streitfall müsse also geklärt werden, wie viel ein einzelner Gegenstand wert ist, und geschaut werden, ob ein finanzieller Ausgleich zwischen den Erben herzustellen ist, damit die laut Gesetz vorgesehenen Erben zumindest ihren Pflichtteil erhalten. Möglicherweise sei der Gegenstand inzwischen sogar nicht mehr vorhanden, was neue Probleme hervorruft.

Vierter Irrtum: Wer seinem Neffen etwas vermacht, muss nicht auf Steuern achten. Ehegatten und eingetragene Lebenspartner sowie Kinder und Enkel haben zwar noch großzügige Freibeträge, sagt Isabel Klocke vom Bund der Steuerzahler in Berlin . Die Partner könnten bis zu 500 000 Euro erben, ohne Erbschaftssteuer zahlen zu müssen, Kinder bis zu 400 000 Euro und Enkel bis zu 200 000 Euro. Auch gebe es darüber hinaus Freibeträge für Gegenstände wie den Hausrat. Aber Geschwister, Nichten, Neffen und andere könnten nur 20 000 Euro steuerfrei erben.

Oft Steuern fällig

Eine Alternative könne sein, den Begünstigten zu Lebzeiten in Etappen Geld zukommen zu lassen. "Für Nichten und Neffen gilt beispielsweise, dass sie über einen Zeitraum von zehn Jahren 20 000 Euro erhalten dürfen." Bedenken sollten Erblasser auch steuerliche Konsequenzen, falls sie etwa einem lieben Freund ein wertvolles Gemälde aus dem eigenen Wohnzimmer vermachen wollen. Je nach Wert des Gemäldes müsse der Begünstigte ebenfalls Steuern dafür zahlen.

Ein weiterer Irrtum, der häufig vorkommt: Wer nichts erben will, muss auch nichts tun. Auch das ist falsch. "Es gibt immer noch den weit verbreiteten Irrtum, dass ich mich einfach nur nicht melden muss, und damit bin ich dann nicht Erbe", sagt Stephanie Herzog. Die gesetzliche Erbfolge sei schließlich festgelegt. "Wer ein Erbe ausschlagen will, muss dieses innerhalb von sechs Wochen tun, entweder beim Nachlassgericht oder bei einem Notar." Die Frist beginne zu dem Zeitpunkt, an dem der Erbe vom Todesfall und der Tatsache, dass er Erbe ist, erfährt.

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