Virtuelle Realität auf der Mobilfunkmesse in Barcelona

Barcelona (dpa/tmn) · Monster jagen mit einer Brille für virtuelle Realität (VR) auf der Nase ist das eine. Doch VR kann längst mehr. Auf dem Mobile World Congress wird klar: Künftig könnten sogar die ersten Schritte in der Berufsausbildung virtuell sein.

 Auch für Schauspielerei kann die virtuelle Realität genutzt werden. Hier impersoniert ein Messebesucher das Monster auf dem Bildschirm. Foto: Andrea Warnecke/dpa-tmn

Auch für Schauspielerei kann die virtuelle Realität genutzt werden. Hier impersoniert ein Messebesucher das Monster auf dem Bildschirm. Foto: Andrea Warnecke/dpa-tmn

Keine verschwendete Farbe, keine giftigen Dämpfe: Die Lackierkabine auf dem Mobile World Congress (MWC, 27. Februar bis 2. März) in Barcelona ist ziemlich sauber - und komplett virtuell. Statt der Atemmaske streift man hier am HTCs VR-Brille Vive über.

Was die Taiwaner an ihrem Stand zeigen, könnte künftig der Anfang vieler Berufsausbildungen sein. Ohne teure Farbe und Werkstücke lernen angehende Lackierer die nötige Technik, bevor es in die echte Kabine geht.

Schon jetzt wirkt das ganze ziemlich real. Auf den Bildschirmen der Brille erscheint eine Autotür, mittels farbiger Striche wird angezeigt, ob Distanz, Sprühwinkel und Geschwindigkeit stimmen. Die Auswertung zeigt an, wo zu viel, zu wenig oder gar keine Farbe auf dem Blech gelandet ist. „Man kann praktische Erfahrung sammeln, ohne Material zu verbrauchen oder die Gesundheit zu gefährden“, fasst Graham Breen von HTC die Vorteile der virtuellen Lackierkabine zusammen.

Auch VR-Feuerwehrtraining mit echtem Schlauch, Wärmejacke und digitalem Feuer lässt sich realisieren. Die hinderlichen Kabel, die VR-Brille und Computer verbinden, dürften bald der Vergangenheit angehören. Sowohl DisplayLink als auch TPCast haben mittlerweile Lösungen im Angebot, die Bilder drahtlos auf die kleinen Bildschirme der Vive schicken.

Ein paar Meter weiter erschafft Tom Farinella 3D-Objekte im virtuellen Raum. Über die neue Plattform MakeVR bastelt er mit Hilfe seiner virtuellen Hände eine Smartphonehülle und verziert sie mit einer kleinen Maus. Im 3D-Drucker entsteht dann aus den Daten ein echtes Objekt.

MakeVR zielt auf die wachsende Bastlerszene, die sogenannten Maker. Aber eigentlich soll jeder in der Lage sein, damit beliebige Objekte zu erschaffen, zu kombinieren und auszudrucken. Obwohl es mit ungeübtem Blick recht kompliziert aussieht, wenn der Entwickler mit den Vive-Controllern hantiert, Bögen schlägt und Formen in die Luft malt. Ein zehnminutiges Tutorial soll allerdings ausreichen, um erste Gegenstände erschaffen zu können, verspricht Farinella.

Einen eigenen 3D-Drucker braucht dafür niemand. Dienstleister können die Objekte in beliebigen Materialien ausdrucken und per Post versenden, sagt HTC-Produktmanager Graham Breen. Und der Markt dafür ist offenbar vorhanden. 18 Prozent der Bundesbürger haben laut einer aktuellen Umfrage des IT-Verbandes Bitkom schon einmal einen 3D-Druck angefertigt oder von einem Dienstleister anfertigen lassen. Mehr als jeder zweite Befragte (55 Prozent) kann sich vorstellen, künftig 3D-Druck zu nutzen.

Dennoch: Ein günstiges Vergnügen ist VR am PC noch nicht. Rund 800 Euro kostet ein Headset, für einen VR-fähigen Computer sind noch einmal mindestens 1000 Euro fällig. Timm Lutter vom Bitkom sieht daher eher das Smartphone als Antreiber für VR im Massenmarkt. Zahlreiche niedrigschwellige Angebote wie Panoramafotos und 360-Grad-Videos mit VR-Brillen wie Googles Cardboard sind bereits mit den meisten Smartphones nutzbar. Die Leistung der PC-Systeme erreichen sie aber längst nicht.

Samsungs Gear VR und Googles Daydream VR kommen in Sachen Leistung den High-End-Brillen schon näher. Hier zeichnet sich ein Konkurrenzkampf der Systeme ab. Gemeinsam mit Oculus setzt Samsung bei seiner Gear VR auf die eigenen Spitzenmodelle der Galaxy S6- und S7-Reihe, eigene Inhalte und einen eigenen Store für Spiele oder Filme. Google hingegen nennt Mindestanforderungen, die Hersteller erfüllen müssen, damit ihre Geräte Daydream-tauglich sind. Inhalte werden ganz normal über Google Play angeboten.

Doch die Entwicklung lahmt etwas. Einerseits bei Samsung, da sich das Galaxy S8 als neuer Technologietreiber verschiebt. Auch die Auswahl an tauglichen Smartphones für Daydream VR ist wegen der hohen Anforderungen an die Hardware bislang auf drei vorhandene und zwei angekündigte Modelle beschränkt. Und richtig günstig ist die leistungsfähigere VR auf dem Smartphone auch nicht. Beide Brillen kosten zwischen 70 und 100 Euro, die zum Betrieb nötigen Smartphones gibt es selten unter 600 Euro.

In Sachen Bedienbarkeit hat Googles vergangenes Jahr eingeführte VR-Brille mit geringem Gewicht und dem drahtlosen Controller allerdings neue Maßstäbe gesetzt. Samsungs reagiert darauf und wird nach Ankündigungen auf dem MWC die nächste Generation der Gear VR leichter und erstmals mit drahtloser Steuerung ausliefern. Zwar zeigt Samsung am Stand in Barcelona noch keines der neuen Geräte, doch bei den gezeigten VR-Inhalten liegt auch hier der Fokus längst nicht mehr nur auf Spielen und Filmen.

Zum Beispiel Relumio, eine Anwendung für Gear VR für Menschen mit schwerer Sehbehinderung aus Samsungs Creative Labs. Sie ergänzt fehlende Bildinformationen und gleicht Verzerrungen aus. Mit VuildUS können Wohnungen virtuell eingerichtet werden und traVRer ist eine 360-Grad-Reise-App. Mit ihr sollen Urlauber schon vor der Abfahrt ihr Reiseziel erkunden können.

 Lackieren ohne schmutzige Finger und giftige Dämpfe: Auf dem Mobile World Congress zeigt HTC, wofür die virtuelle Realität noch genutzt werden kann. Zum Beispiel für die Ausbildung angehender Lackierer. Foto: Andrea Warnecke/dpa-tmn

Lackieren ohne schmutzige Finger und giftige Dämpfe: Auf dem Mobile World Congress zeigt HTC, wofür die virtuelle Realität noch genutzt werden kann. Zum Beispiel für die Ausbildung angehender Lackierer. Foto: Andrea Warnecke/dpa-tmn

 Die Lackierpistole ist echt, doch der Farbtank leer. Durch den aufgesetzten HTC-Vive-Controller wird das Werkzeug in der virtuellen Realität sichtbar und kann für die Ausbildung angehender Lackierer genutzt werden. Foto: Andrea Warnecke/dpa-tmn

Die Lackierpistole ist echt, doch der Farbtank leer. Durch den aufgesetzten HTC-Vive-Controller wird das Werkzeug in der virtuellen Realität sichtbar und kann für die Ausbildung angehender Lackierer genutzt werden. Foto: Andrea Warnecke/dpa-tmn

 Mit der Software MakeVR können HTC-Vive-Nutzer beliebige 3D-Objekte in virtueller Realität erschaffen. Als „Hände“ dienen dabei die Controller des VR-Systems. Foto: Andrea Warnecke/dpa-tmn

Mit der Software MakeVR können HTC-Vive-Nutzer beliebige 3D-Objekte in virtueller Realität erschaffen. Als „Hände“ dienen dabei die Controller des VR-Systems. Foto: Andrea Warnecke/dpa-tmn

 Mit MakeVR lassen sich Gegenstände wie etwa eine Smartphonehülle entwerfen und dann später am 3D Drucker ausdrucken. Foto: Andrea Warnecke/dpa-tmn

Mit MakeVR lassen sich Gegenstände wie etwa eine Smartphonehülle entwerfen und dann später am 3D Drucker ausdrucken. Foto: Andrea Warnecke/dpa-tmn

 Die MakeVR-Plattform richtet sich sowohl Bastelenthusiasten als auch an normale Nutzer mit kreativer Ader. Ein zehnminütiges Tutorial soll die Grundfunktionen vermitteln. Foto: Andrea Warnecke/dpa-tmn

Die MakeVR-Plattform richtet sich sowohl Bastelenthusiasten als auch an normale Nutzer mit kreativer Ader. Ein zehnminütiges Tutorial soll die Grundfunktionen vermitteln. Foto: Andrea Warnecke/dpa-tmn

 Die mit MakeVR erstellten Objekte können am eigenen 3D Drucker als echte Gegenstände erschaffen werden. Oder man schickt die Daten an Druckdienstleister und erhält sie per Post. Foto: Andrea Warnecke/dpa-tmn

Die mit MakeVR erstellten Objekte können am eigenen 3D Drucker als echte Gegenstände erschaffen werden. Oder man schickt die Daten an Druckdienstleister und erhält sie per Post. Foto: Andrea Warnecke/dpa-tmn

 Die mit MakeVR erschaffenen Gegenstände können am 3D Drucker in diversen Materialien zu echten Gegenständen ausgedruckt werden. Foto: Andrea Warnecke/dpa-tmn

Die mit MakeVR erschaffenen Gegenstände können am 3D Drucker in diversen Materialien zu echten Gegenständen ausgedruckt werden. Foto: Andrea Warnecke/dpa-tmn

 Die virtuelle Realität verliert bald eine gefährliche Stolperfalle. Hersteller wie DisplayLink (im Bild) oder TPCast bieten Geräte an, die Bilder und Informationen drahtlos zwischen Computer und VR-Brille übertragen. Foto: Andrea Warnecke/dpa-tmn

Die virtuelle Realität verliert bald eine gefährliche Stolperfalle. Hersteller wie DisplayLink (im Bild) oder TPCast bieten Geräte an, die Bilder und Informationen drahtlos zwischen Computer und VR-Brille übertragen. Foto: Andrea Warnecke/dpa-tmn

 Googles Daydream VR ist ein offenes System für Smartphones verschiedener Hersteller. Das Angebot an tauglichen Geräten ist allerdings noch überschaubar. Der drahtlose Contoller erleichtert die Navigation in virtuellen Umgebungen. Foto: Andrea Warnecke/dpa-tmn

Googles Daydream VR ist ein offenes System für Smartphones verschiedener Hersteller. Das Angebot an tauglichen Geräten ist allerdings noch überschaubar. Der drahtlose Contoller erleichtert die Navigation in virtuellen Umgebungen. Foto: Andrea Warnecke/dpa-tmn

 Auch Samsung zeigt am Messestand VR-Inhalte jenseits der Unterhaltung für seine Gear VR. Foto: Andrea Warnecke/dpa-tmn

Auch Samsung zeigt am Messestand VR-Inhalte jenseits der Unterhaltung für seine Gear VR. Foto: Andrea Warnecke/dpa-tmn

 Samsungs neu angekündigte Gear VR mit tragbaren Controller war in Barcelona noch nicht am Stand zu sehen. Sie wird Ende März erwartet, wenn es auch Neuigkeiten zum Galaxy S8 gibt. Foto: Andrea Warnecke/dpa-tmn

Samsungs neu angekündigte Gear VR mit tragbaren Controller war in Barcelona noch nicht am Stand zu sehen. Sie wird Ende März erwartet, wenn es auch Neuigkeiten zum Galaxy S8 gibt. Foto: Andrea Warnecke/dpa-tmn

 Samsungs neue Gear VR kommt mit drahtlosem Controller für bessere Steuerung. Die Brille ist außerdem leichter als ihre Vorgängermodelle und hat ein größeres Sichtfeld. Foto: Samsung/dpa-tmn

Samsungs neue Gear VR kommt mit drahtlosem Controller für bessere Steuerung. Die Brille ist außerdem leichter als ihre Vorgängermodelle und hat ein größeres Sichtfeld. Foto: Samsung/dpa-tmn

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort