Eine Abhöranlage im eigenen Wohnzimmer

Saarbrücken · Verbraucherschützer kritisieren digitale Sprachassistenten.

 Der Amazon-Lautsprecher Echo soll Nutzern auf Zuruf alle möglichen Fragen beantworten. Datenschützer stehen der Box, die dauerhaft mit dem Internet verbunden ist, skeptisch gegenüber. Foto: dpa

Der Amazon-Lautsprecher Echo soll Nutzern auf Zuruf alle möglichen Fragen beantworten. Datenschützer stehen der Box, die dauerhaft mit dem Internet verbunden ist, skeptisch gegenüber. Foto: dpa

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Sie heißen Cortana, Siri, Alexa, S Voice oder Google Now und sollen sämtliche Fragen ihrer Nutzer beantworten: Sogenannte intelligente Sprachassistenten sind mittlerweile fester Bestandteil aller aktuellen Smartphones und Tablets. Sie verstehen gesprochene Worte, wandeln diese in Suchanfragen um und geben anschließend eine ebenfalls gesprochene Antwort oder zeigen die gewünschte Webseite an. Häufig lassen sie sich direkt über Sprachbefehle starten. So reicht bei der neusten Version von Apples Assistent Siri beispielsweise der Zuruf "Hey Siri", um das Programm zu aktivieren.

So kann der Nutzer zum Beispiel Reiseverbindungen, Wettervorhersagen oder Veranstaltungshinweise recherchieren, online einkaufen oder Musik aus dem Internet streamen, ohne dafür selbst Suchbegriffe eintippen zu müssen. Außerdem lassen sich Smartphone-Funktionen wie Anrufe oder Kamerazugriffe direkt über die Assistenten bedienen. So sollen die intelligenten Helfer den beruflichen und privaten Alltag erleichtern.

Die Entwickler der persönlichen Assistenten gehen nun noch einen Schritt weiter, mit Lautsprecherboxen, in denen die digitale Helfersoftware integriert ist. Diese sollen dauerhaft in der Wohnung stehen, um jederzeit Anfragen des Nutzers zu bearbeiten. Sie sollen der Mittelpunkt sogenannter Smart Homes werden, also Haushalten, in denen alle Geräte wie Lampen, Heizung oder Unterhaltungselektronik miteinander vernetzt sind und sich zentral über den Assistenten steuern lassen.

Amazon hat mit seiner Box Echo den ersten dieser Lautsprecher auf dem deutschen Markt eingeführt. Das Konkurrenzprodukt Google Home ist bisher nur in den USA verfügbar, soll aber laut Herstellerangaben ab diesem Frühjahr ebenfalls hierzulande erhältlich sein. Nach Informationen der IT-Fachzeitschrift Bloomberg Technology wird auch bei Apple an einem intelligenten Lautsprecher gearbeitet.

Datenschützer sehen die möglichen Auswirkungen der neuen Technologie allerdings kritisch. So hat Andrea Voßhoff, Bundesbeauftragte für Datenschutz, darauf hingewiesen, dass die Geräte ihre Umgebung potenziell permanent belauschen könnten. Auch sei nicht klar ersichtlich, wer letztlich Zugriff auf die so gesammelten Daten bekomme. "Bürgerinnen und Bürger sollten sorgsam abwägen, ob die praktischen Vorteile eines digitalen Assistenten die mögliche Rund-um-die-Uhr-Überwachung ihrer Privatsphäre rechtfertigen", sagt Voßhoff.

Julian Graf von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen teilt diese Bedenken. Der Jurist hat die Datenschutzbestimmungen von Echo unter die Lupe genommen und kommt zu dem Ergebnis, dass die Nutzung des Lautsprechers "nicht ohne Risiko für Verbraucher" sei. Amazon sammle nicht nur die Mitschnitte der Anfragen, sondern auch IP- und E-Mail-Adressen, Passwörter sowie die Reihenfolge, in der Webseiten aufgerufen wurden.

Peter Knaak, Redakteur bei der Stiftung Warentest, sieht das ähnlich "Mit Echo holen sich Nutzer praktisch eine Wanze in die Wohnung", sagt er. Das sei allerdings ein grundsätzliches Problem aller Sprachassistenten, auch von denen auf Mobilgeräten.

Die von Echo gesammelten Daten werden laut Julian Graf nicht im Gerät, sondern auf den Servern von Amazon bearbeitet und gespeichert. Diese befänden sich in der Regel in den USA, wodurch die dortigen lockereren Datenschutzbestimmungen gelten würden. In Deutschland sei die Gesetzeslage nicht eindeutig: "Da es sich um eine neuartige Technologie handelt, wird es sicher noch einige Rechtsfragen zu klären geben", erklärt Julian Graf.

Außerdem weist der Verbraucherschützer darauf hin, dass sich Amazon sehr bedeckt halte, wenn es um zusätzlich installierte Dienste auf dem Gerät geht. Die Box lässt sich nämlich mit vielen Anbietern wie Spotify, Tado, Wemo, Philipps oder der Deutschen Telekom verbinden. Bei einer solchen Verknüpfung verweise Amazon einfach auf die Nutzungsbedingen der jeweiligen Drittunternehmen. Besonders kritisch sieht Graf den Online-Einkauf auf Zuruf. So könnten leicht ungewollte Bestellungen ausgeführt werden, wenn keine separate Bestätigung aktiviert ist. Er rät daher dazu, diese Funktion auszuschalten.

Echo kostet in Deutschland derzeit ungefähr 180 Euro, die abgespeckte Version Echo Dot mit kleineren Lautsprecher rund 60 Euro. Für Google Home wurde für den deutschen Markt noch kein Preis angekündigt. In den USA müssen Käufer aktuell ungefähr 120 Euro zahlen.

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