Vernachlässigte Kinder leiden lange unter Folgen

Bochum · (epd) Kinder, die in jungen Jahren stark vernachlässigt wurden, leiden laut einer Studie von Forschern aus Großbritannien und Deutschland bis ins frühe Erwachsenenalter unter den psychischen Folgen. Entscheidend für das Ausmaß ihrer sozialen und emotionalen Probleme sei vor allem die Dauer dieser entbehrungsreichen Zeit, heißt es in der Untersuchung, an der unter anderem die Ruhr-Universität Bochum beteiligt war.

 Mangelnde Fürsorge für Kinder kann Auswirkungen bis ins Erwachsenenalter haben. FOTO: dpa

Mangelnde Fürsorge für Kinder kann Auswirkungen bis ins Erwachsenenalter haben. FOTO: dpa

Die Wissenschaftler begleiteten eine Gruppe von adoptierten Jungen und Mädchen, die in den 1990er Jahren aus rumänischen Heimen in britische Familien kamen. In den Heimen hatten die Kinder unter extrem schlechten hygienischen Bedingungen gelebt. Sie hatten wenig zu essen und kaum persönliche Fürsorge, berichtet die Bochumer Universität. Begleitet wurden insgesamt 165 Jungen und Mädchen, die nach bis zu 43 Monaten im Heim von britischen Familien adoptiert wurden. In Großbritannien lebten sie in stabilen Verhältnissen und wurden liebevoll betreut und unterstützt. Diese Gruppe verglichen die Psychologen mit 52 Kindern, die innerhalb von Großbritannien adoptiert worden waren.

Wie lange die Kinder im Heim gelebt hatten, war ein entscheidender Faktor für ihre künftige psychische Gesundheit, heißt es in der im Fachmagazin The Lancet veröffentlichten Langzeitstudie. Rumänische Adoptivkinder, die weniger als sechs Monate im Heim verbracht hatten, seien psychisch ähnlich gesund wie ihre Altersgenossen aus der britischen Vergleichsgruppe gewesen.

Anders sei es mit rumänischen Adoptivkindern gewesen, die mehr als sechs Monate in einer Einrichtung gelebt hatten. Soziale und emotionale Probleme begleiteten sie ihr Leben lang. Zum Beispiel hätten sie autistische Züge gezeigt, der soziale Umgang mit anderen sei ihnen schwergefallen, sie seien unaufmerksam oder hyperaktiv gewesen. Der Studie zufolge waren ihre schulischen Leistungen schlechter und sie wurden später häufiger arbeitslos.

Kinder, die länger als sechs Monate im Heim gelebt haben, hätten einen unterdurchschnittlichen Intelligenzquotienten, der sich jedoch im frühen Erwachsenenalter normalisiere. Das interpretieren die Forscher als Zeichen einer verzögerten Entwicklung. Die Autoren gehen davon aus, dass ihre Ergebnisse auch für eine große Zahl von Kindern gelten könnten, die heute überall auf der Welt wegen Kriegsfolgen vernachlässigt heranwachsen.

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