Wirbel um Kinderfotos auf Facebook

Rosenheim · Eine Seite im sozialen Netzwerk sammelt Bilder und veröffentlicht sie. Betroffene Eltern sind empört.

 Wer seine Kinder fotografiert, sollte die Bilder nicht bedenkenlos ins Internet stellen. Foto: Holz/Westend61/dpa

Wer seine Kinder fotografiert, sollte die Bilder nicht bedenkenlos ins Internet stellen. Foto: Holz/Westend61/dpa

Foto: Holz/Westend61/dpa

(/SZ) Eine Facebookseite beunruhigt Eltern mit gesammelten Bildern von Kindern. Die Seite "Little Miss & Mister" durchforstet Nutzerprofile nach öffentlich sichtbaren Kinderfotos und verbreitet diese. Seit Ende Dezember waren dort bis zu dieser Woche unzählige Fotos von Kindern zusammengekommen, darunter Bilder von Babys und Kleinkindern, zum Teil nahezu nackt, in der Badewanne, in Unterwäsche oder in Badebekleidung am Strand. Das Profilbild der Seite, die rund 660 Menschen abonniert hatten, zeigt ein Kind, das sich mit Lippenstift schminkt. Nachdem die Seite kurzzeitig nicht mehr zu erreichen war, hat sie nun einen Neustart hingelegt.

"Auch ihr Kind kann der Star von morgen werden", heißt es in den Informationen. Wer dahinter steckt, bleibt im Unklaren. Mails an die auf der ursprünglichen Seite angegebene belgische E-Mail-Adresse kommen als unzustellbar zurück, Anrufe bei einer angegebenen Nummer führen zu Personen, die anscheinend nichts mit der Seite zu tun haben.

Auf eine Anfrage via Facebook-Nachricht antwortet ein Administrator: "Viele FB Nutzer schmeißen ihre Informationen durchs www wie Konfetti. Genau das wollen wir aufzeigen. Besonders liegt uns der Schutz von Kinderbildern am Herzen. Das www ist voll von üblen Menschen, die diese Bilder für ihre Zwecke missbrauchen und dem wollen wir entgegen wirken." Die Seite hackt keine Profile, sie teilt lediglich die Bilder von Kindern, die für alle öffentlich sichtbar sind und macht deutlich, wie man die Privatsphäre-Einstellungen ändern kann. Für einige Mütter ist es dennoch ein Schock, Bilder ihrer Kinder auf der Seite zu entdecken. Eine Straftat lasse sich daraus nicht ableiten, da die Eltern in der Regel diese Bilder bei Facebook verbreiten und entsprechend freigeben, erklärt ein Sprecher des Landeskriminalamtes Bayern. Somit sei der Zugriff auf die jeweiligen Bilder erlaubt.

Eine Mutter aus Rosenheim hat ein zehn Jahre altes Foto ihres Sohnes auf der Facebookseite entdeckt. Sie sei zunächst über einen Eintrag in einem Fan-Forum für eine Drogerie-Kette auf die Seite gestoßen. "Ich habe mir die Seite angeschaut und mich hat der Schlag getroffen. Da habe ich geschrieben, was ich davon halte." Kurz darauf erkannte sie, dass sie selbst Opfer geworden ist. In Windeseile hatte jemand ein Bild ihres damals sechsjährigen Sohnes auf ihrer Seite gefunden und geteilt.

Das Problem: Einträge, die bei Facebook öffentlich und nicht nur für Freunde sichtbar sind, können problemlos immer weiter verbreitet werden. Im Zweifel merken das die Betroffenen nicht einmal. Eine Benachrichtigung gibt's nur beim ersten Teilen.

Wenn Eltern keine Bilder von ihren Kindern öffentlich machten, gäbe es auch eine solche Seite nicht, sagt Cyberkriminologe Thomas-Gabriel Rüdiger von der Fachhochschule der Polizei des Landes Brandenburg. Für Rüdiger ist dies eine Auswirkung des digitalen Narzissmus der Eltern. Viele zeigten die Bilder, weil sie hoffen, Anerkennung zu bekommen. "Man sollte Bilder nur denen zur Verfügung stellen, denen man auch sein Kind anvertrauen würde", sagt Rüdiger.

Laut Philipp Masur vom Lehrstuhl für Medienpsychologie an der Universität Hohenheim sei Narzissmus, also die übersteigerte Liebe zu sich selbst, nur bedingt als Grund für die Veröffentlichung solcher Fotos zu sehen. Nach seiner Ansicht neigten vor allem extrovertierte Eltern dazu, Fotos ihrer Kinder zu veröffentlichen. Viele Eltern machten sich außerdem um die möglichen Folgen einer solchen Veröffentlichung keine Gedanken und wüssten nicht, was die wesentlichen Unterschiede zwischen öffentlich und privat geteilten Fotos seien, erkärt Philipp Masur.

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