Die digitale Umkleidekabine

Saarbrücken · Das Angebot an Kleidungsstücken im Internet ist riesig. Nutzer können Pullover, Hemden und Hosen aus dem Netz jedoch nicht anprobieren. Einige Online-Händler bieten deshalb die Möglichkeit, einen virtuellen Doppelgänger zu erzeugen, an dem sich Kunden die gewünschten Klamotten ansehen können.

 Bei einigen Online-Händlern gibt's die Möglichkeit, gewünschte Kleidung einem virtuellen Doppelgänger überzustreifen.

Bei einigen Online-Händlern gibt's die Möglichkeit, gewünschte Kleidung einem virtuellen Doppelgänger überzustreifen.

Foto: Fitle

Der Kleiderkauf im Internet bietet einige Vorteile. Online-Shops sind 24 Stunden geöffnet, Käufer können im eigenen Wohnzimmer in aller Ruhe stöbern und nach nur wenigen Klicks wird die Ware direkt an die Haustür geliefert. In der Regel bieten Händler eine kostenlose Rückgabe an. Diese wird in vielen Fällen auch in Anspruch genommen. Denn zu testen, ob die ausgewählten Stücke auch wirklich passen, ist beim Online-Kauf schwierig. Um die Rücklaufquote zu minimieren, bieten einige Händler eine "Online-Anprobe" an.

Das französische Unternehmen Fitle fungiert als Drittanbieter. Es verkauft selbst keine Kleidung, sondern ist spezialisiert auf das sogenannte Virtual Fitting, das virtuelle Anprobieren. Auf fitle.com (derzeit nur Französisch und Englisch) oder mit der Fitle App (kostenlos für Android und iOS, derzeit nur auf Englisch) kann nach Anlegen eines Benutzerkontos ein persönlicher Avatar erstellt werden, der den eigenen Körpermaßen und Proportionen entsprechen soll und später für die virtuelle Anprobe genutzt wird.

Der Avatar kann schnell und einfach erstellt werden. Neben Angaben zu Größe, Gewicht, Haarfarbe sollen Bilder in drei Posen geschossen werden: Stehend von vorne, von der Seite und eine Nahaufnahme vom Gesicht. Um noch genauere Angaben zu erhalten, können auch Maße wie beispielsweise der Halsumfang eingegeben werden. Nach kurzer Zeit kann das Virtual Fitting beginnen. Allerdings sind alle Mode-Anbieter, die mit Fitle zusammenarbeiten, bisher auf den französischen Markt begrenzt. Die meisten der Anbieter beschränken sich zudem darauf, anhand der Maße eine Größenempfehlung abzugeben. Eine tatsächliche Online-Anprobe wird bisher von nur vier Unternehmen unterstützt. Und auch bei diesen Unternehmen kann nicht der gesamte Bestand virtuell anprobiert werden.

Ein weiterer Anbieter, der mit Virtual Fitting den Online-Einkauf revolutionieren will, ist triMirror. Er stellt seinen Nutzern direkt auf seiner Webseite trimirror.com (derzeit nur Englisch und Französisch) eine Online-Umkleidekabine zur Verfügung. Zum Start muss kein Benutzerkonto angelegt werden, lediglich die eigenen Körpermaße werden eingegeben. Nachdem der Avatar angelegt ist, kann direkt Kleidung derjenigen Händler anprobiert werden, die mit triMirror zusammenarbeiten. Auch hier sind keine deutschen Marken vertreten, die Auswahl ist allerdings größer als bei Fitle. Das Virtual Fitting funktioniert gut und weist einen entscheidenden Vorteil auf. Der Avatar kann hier bewegt werden. So sehen Kunden , wie das ausgewählte Kleidungsstück in Bewegung fällt und Falten wirft. Außerdem werden mithilfe von Farbcodes Stellen am Körper angezeigt, an denen die jeweilige Kleidung wahrscheinlich zu eng sein wird. Gefällt das Teil, wird über einen Link direkt zur passenden Seite des Partner-Shops weitergeleitet. Im Test ist allerdings aufgefallen, dass einige Kleidungsstücke nicht aktuell und somit nicht mehr zu kaufen sind.

Auf den Zug des Virtual Fittings wollte 2013 auch der Online-Shop Zalando aufspringen. Zusammen mit dem britischen Unternehmen Metail konnten Nutzer rund 200 Kleidungsstücke virtuell an ihrem vorher angelegten Avatar anprobieren. Heute bietet Zalando seinen Kunden allerdings lediglich eine Größenberatung mittels Tabellen an.

Bislang wenige Anbieter

Das Konzept Virtual Fitting sollte in den letzten Jahren den Online-Kauf revolutionieren. Bislang bieten die meisten Händler ihren Kunden jedoch lediglich Größenberatung mittels Tabellen mit Maßen an oder zeigen ausgewählte Kleidung an Models. Eine individuelle Passform kann dadurch nicht gewährleistet werden.

Eine Ausnahme am deutschen Markt zeigt aber, wie das Prinzip Virtual Fitting funktionieren kann. Der Brillenhändler Mister Spex lässt seine Kunden die Gestelle mithilfe von Webcams anprobieren. Dies funktioniert ohne Anmeldung in Sekundenschnelle. Nutzer können sehen, wie sich die jeweilige Brille beim Bewegen an ihnen aussieht, da sich die Sehhilfe dem Webcam-Bild anpasst.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort