Der unersättliche Datenkrake

Saarbrücken · Facebook hat einen riesigen Datenhunger. Das sozialen Netzwerk sammelt sogar Informationen über Nutzer, die dort gar nicht registriert sind. Wer erfahren will, was der Konzern alles weiß, kann sich sein privates Datenpaket zuschicken lassen.

 Viele halten Facebook für kostenlos. Doch statt Geld greift sich das soziale Netzwerk die Daten der Nutzer.

Viele halten Facebook für kostenlos. Doch statt Geld greift sich das soziale Netzwerk die Daten der Nutzer.

Foto: Fotolia

Dass Facebook in großem Stil Daten seiner Nutzer speichert, ist hinlänglich bekannt. Dennoch wirkt ein Blick in das sogenannte Aktivitätenprotokoll beunruhigend. Dort finden Facebook-Nutzer eine detaillierte Auflistung dessen, was sie in der Vergangenheit beim sozialen Netzwerk getrieben haben: Welche Fotos sie mit "Gefällt-mir" markiert haben, wann sie sich mit wem virtuell befreundeten, welche Bücher sie gelesen haben und welche Filme sie sich gerne ansehen. Das Aktivitätenprotokoll zeigt in kompakter Form, was der Nutzer dem Konzern in den vergangenen Wochen, Monaten und Jahren alles über sich verraten hat. Doch Facebook weiß noch viel mehr.

Wie das IT-Fachmagazin c't berichtet, geht die Datensammelei von Facebook weit über das hinaus, was Nutzer aktiv angeben, wie etwa Kontaktdaten, Familienstand oder den Arbeitgeber. Das soziale Netzwerk überprüfe auch, wie lange sich seine Mitglieder bestimmte Videos ansehen und auf welche Werbeanzeigen sie klicken. Zudem gäben auch Dritte Daten weiter, beispielsweise indem sie uns auf einem Foto namentlich markieren. Davon könnten sogar Personen betroffen sein, die gar nicht bei Facebook registriert sind, da das Unternehmen sie mit registrierten Nutzern in Verbindung bringen kann.

Mithilfe sogenannter Cookies auf Webseiten von Dritten sammelt der Konzern weitere Informationen. Ist auf einer Webseite ein sogenanntes Social Plugin von Facebook wie etwa die "Gefällt-mir"-Schaltfläche eingebunden, erfährt das Unternehmen, wenn ein Nutzer die entsprechende Seite aufruft - ob er bei Facebook registriert ist oder nicht. Laut klicksafe.de, einer EU-Initiative für mehr Sicherheit im Internet, werden unter anderem der Standort des Computers und die Spracheinstellungen an Facebook übertragen. Zudem kann die IP-Adresse des Nutzers sichtbar gemacht werden. Ruft jemand mehrere Seiten mit Plugins von Facebook auf, lasse das Rückschlüsse auf seine Interessen zu. Doch selbst damit gebe sich das Unternehmen nicht zufrieden: Es kaufe auch noch Informationen weiterer Datenbanken hinzu.

Was Facebook über die Interessen seiner Mitglieder zu wissen glaubt, kann sich jeder ansehen. Unter dem Menüpunkt "Einstellungen" gelangt man zu dem Unterpunkt "Werbeanzeigen". Wer dort unter der Kategorie "Werbeanzeigen basierend auf meinen Einstellungen" auf "Bearbeiten" und dann auf eine blaue Schaltfläche mit der Aufschrift "Einstellungen für Werbeanzeigen aufrufen" klickt, sieht, was Facebook über seine Interessen zu wissen glaubt.

Aber wieso hegt Facebook ein solch großes Interesse an den Vorlieben seiner Nutzer? Das Geschäftsmodell basiere darauf, personenbezogene Werbeanzeigen zu schalten, erklärt Jo Bager vom Magazin c‘t. Wie wichtig das Geschäft mit Werbung für das Unternehmen ist, zeigen seine Umsatzzahlen. Im dritten Quartal 2016 machte Facebook einen Gesamtumsatz von sieben Milliarden US-Dollar. 6,8 Milliarden trug Werbung dazu bei. Das entspricht 97 Prozent.

Facebook sammele Datensätze, verkaufe sie aber bislang noch nicht, sagt Bager. Der Konzern biete Unternehmen an, deren Werbung für eine bestimmte Zielgruppe zu schalten, bleibe aber im Besitz seines kostbaren Datenschatzes. Doch das müsse nicht so bleiben.

Keiner könne die Gewissheit haben, dass die Daten nicht doch einmal an eine Versicherung verkauft werden. Habe ein Nutzer beispielsweise eine Whiskey-Seite mit "Gefällt-mir" markiert, könnte dann ein höherer Tarif veranschlagt werden, da derjenige in den Augen der Versicherung zu einem ungesunden Lebensstil tendiert.

Zudem wisse niemand, was der Konzern aus den gesammelten Daten herleitet. Die von Facebook erstellten Profile bestimmten, so Bager, welche Stellenanzeigen wir angezeigt bekommen, welche Personen wir sehen und somit zu einem gewissen Grad auch, mit wem wir in Kontakt treten. Die Daten könnten sich unter Umständen auf wichtige Entscheidungen auswirken, etwa bei der Job- oder Wohnungssuche.

Facebook biete jedoch auch einige Möglichkeiten, die Datensammelei zu überprüfen. Bei den Einstellungen zur Privatsphäre können Nutzer genau bestimmen, wer künftige Beiträge sehen darf. Zudem bietet Facebook dort die Funktion, sich das eigene Profil aus Sicht eines Anderen anzusehen. Im Aktivitätenprotokoll kann jeder Beitrag nachträglich gelöscht werden. Allerdings könne niemand sicherstellen, dass die Daten danach tatsächlich weg sind, sagt Bager. Nutzer können zwar Beiträge im eigenen Profil löschen, aber andere könnten sie kopiert haben und jederzeit wieder veröffentlichen. Gespeicherte Interessen, die Facebook seinen Nutzern in den "Einstellungen für Werbeanzeigen" zuschreibt, können diese jederzeit löschen.

Zudem könne sich jeder eine Kopie aller Daten, die bei Facebook hinterlegt sind, herunterladen. Unter dem Menüpunkt "Einstellungen" steht ganz unten der Link "Lade eine Kopie deiner Facebook-Daten herunter". Dort wird unter anderem auch minutiös aufgelistet, welche Werbeanzeigen der Nutzer in der Vergangenheit angeklickt hat. Auch wer nicht bei Facebook registriert ist, könne unter facebook.com/help/contact/?id=166828260073047 einen Antrag auf die Herausgabe persönlicher Daten stellen. Auf der Webseite klicksafe.de/facebook gibt es zudem einen umfassenden und kostenlosen Leitfaden zum sicheren Umgang mit privaten Daten bei Facebook zum Herunterladen.

klicksafe.de/facebook

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