Das Geschäft mit privaten Daten

Berlin · Wer im Internet surft, hinterlässt viele Spuren. Welche Folgen das haben kann, ist schwer abzuschätzen. Die Datensammelei kleiner und großer Onlinedienste kann für den Nutzer von Vorteil sein. Sie hat aber auch ihre Schattenseiten.

 Im Internet kursieren Millionen sensibler Nutzerdaten. Onlinedienste speichern die Informationen häufig zu Werbezwecken.

Im Internet kursieren Millionen sensibler Nutzerdaten. Onlinedienste speichern die Informationen häufig zu Werbezwecken.

Foto: Spata/dpa

Es ist der Albtraum vieler Internetnutzer : Laut einem Bericht des NDR-Fernsehens in dieser Woche wurden mit der Browser-Erweiterung Web of Trust (WOT) die Daten von Millionen Anwendern ausgespäht. Es sei unter anderem ein Datensatz erstellt worden, der die besuchten Webseiten von drei Millionen Menschen in Deutschland enthält. Wer den Datensatz einsehe, könne genau nachvollziehen, welche Seiten ein einzelner Nutzer besucht hat. Der Vorfall zeigt erneut, dass beim Umgang mit privaten Daten im Netz höchste Vorsicht geboten ist. Niemand weiß mit absoluter Sicherheit, was mit gesammelten Informationen letztlich geschieht. Aber warum speichern Firmen im Netz überhaupt so viele Daten? Und was passiert in der Regel damit?

Viele digitale Dienste funktionierten nur durch die Verarbeitung privater Daten, sagt Susanne Dehmel, Expertin für Datenschutz beim IT-Branchenverband Bitkom. Wer etwas online bestellen will, muss seinen Namen eingeben, wer bezahlt, seine Kreditkartennummer. Und ohne Angabe der Adresse gibt es keine Lieferung. Dabei handelt es sich immer um Daten, die der Nutzer freiwillig eingibt.

Daneben gibt es allerdings noch eine zweite Kategorie persönlicher Informationen, die Nutzer hinterlassen. Das können zum Beispiel die Inhalte von E-Mails und Nachrichten sein, Suchanfragen in Online-Shops oder der Aufenthaltsort bei einem Kartendienst. Die meisten Anbieter werten auch solche Daten aus. Ziel ist dabei zunächst, den Service zu verbessern. "Wenn Sie ständig nach Golf-Zubehör suchen, bekommen Sie entsprechende Angebote irgendwann automatisch angezeigt", sagt Christoph Meinel, Direktor des Hasso-Plattner-Instituts in Potsdam. Die Datenverarbeitung nütze hier also zunächst dem Verbraucher.

Allerdings hört das Geschäft mit den Daten hier noch nicht auf. Viele Anbieter treiben mit den gesammelten Informationen und daraus gebildeten Profilen Handel. "Dann bekommen Sie die Angebote irgendwann auch von anderen Anbietern", sagt Meinel. Auch das mag einerseits praktisch sein, andererseits könne es jedoch negative Konsequenzen haben. Was ein Nutzer kaufe, verrate etwa auch, wie finanzkräftig er ist, so Meinel.

Oft verkauften Anbieter gesammelte Daten aber auch nicht, sondern nutzten sie selbst für zielgerichtete Werbung . Mit gesammelten, verkauften und für Werbung genutzten Daten kursieren über jeden Anwender etliche Informationen im Netz. Wer genau was weiß, ist für den Einzelnen kaum nachvollziehbar. Vielen Nutzern schlägt das auf den Magen. Nach einer Studie von TNS Emnid im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv) machen sich knapp zwei Drittel der Umfrageteilnehmer große Sorgen darüber, dass sie nicht wissen, wer ihre Daten nutzt.

Eine einzelne Information in den Datensammlungen verschiedener Online-Dienste mag noch harmlos sein. Anders liege der Fall, wenn ein Dienst Informationen aus mehreren Profilen zusammenfügt und so ein Gesamtbild des Nutzers entsteht, so Meinel. Dann könnten auch Sachen zugeordnet werden, die nicht jeder wissen soll. Zum Beispiel, wo ein Nutzer sich nach Feierabend aufhält oder ob er häufig Wein bestellt. Endgültig zur Gefahr werden solche Informationen, wenn sie in die falschen Hände geraten, zum Beispiel durch einen Hackerangriff auf die Server der Dienste. "Damit können Sie auch erpressbar werden", warnt Meinel. Kriminelle können die Informationen aber auch etwa zum Identitätsdiebstahl nutzen und dann auf fremde Kosten einkaufen.

Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen rät grundsätzlich zu einem sparsamen Umgang mit persönlichen Daten im Internet . Wer online Waren bestellt, sollte nur angeben, was für den Einkauf tatsächlich erforderlich ist. Zudem sei es ratsam, der Übermittlung der eigenen Daten zum Zweck von Werbung stets vorsorglich zu widersprechen. Wurde eine Einwilligung zur Erhebung und Nutzung persönlicher Daten bereits erteilt, könne diese Erlaubnis im Nachhinein bei den jeweiligen Unternehmen wieder rückgängig gemacht werden. Um sich einen Überblick darüber zu verschaffen, was an persönlichen Angaben öffentlich im Netz kursiert, könnten von Firmen und Auskunfteien Infos über die gespeicherten Daten verlangt werden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort