Süchtig nach dem Smartphone

Berlin · Immer mehr Menschen schauen ständig aufs Smartphone – ob in der U-Bahn, im Bus oder auf der Straße. Ist das schon Abhängigkeit? Man weiß noch wenig über Computerspiele- und Internetsucht, aber sie ist real. Davor warnt die Bundesdrogenbeauftragte Marlene Mortler.

 Junge Menschen sind besonders häufig von Online-Sucht betroffen, so die Bundesdrogenbeauftragte.

Junge Menschen sind besonders häufig von Online-Sucht betroffen, so die Bundesdrogenbeauftragte.

Foto: Hase/dpa

In Deutschland gibt es mehr als eine halbe Million onlinesüchtige Menschen. Hinzu kommt eine große Zahl gefährdeter Nutzer - das geht aus dem Drogen- und Suchtbericht 2016 hervor, den die Bundesdrogenbeauftragte Marlene Mortler (CSU ) am Donnerstag in Berlin vorgestellt hat. Demnach können in der Altersgruppe von 14 bis 64 Jahren etwa 560 000 Menschen als internetabhängig bezeichnet werden, das entspricht etwa einem Prozent dieser Gruppe. Bei den Frauen sind es 0,8 Prozent, bei den Männern 1,2 Prozent.

Jüngere Menschen seien häufiger betroffen, heißt es in dem Bericht. So zeigten in der Altersgruppe der 14- bis 24-Jährigen etwa 250 000 oder 2,4 Prozent Anzeichen einer Abhängigkeit, unter den 14- bis 16-Jährigen seien es sogar vier Prozent. In der Altersgruppe der über 25-Jährigen sind dem Bericht zufolge insgesamt etwa 0,7 Prozent wahrscheinlich internetabhängig.

Die Bundesdrogenbeauftragte Mortler nannte als typische Anzeichen einer Online-Sucht, dass Kinder nicht pünktlich aufstehen, sich nicht waschen und nicht pünktlich zur Schule gehen oder sich allgemein unleidlich verhalten. Oft würden diese Kinder vermehrt die Schule schwänzen und schlechte Schulnoten mit nach Hause bringen. Oft kämpften diese Kinder und Jugendlichen auch mit Schlafproblemen. Bei Computerspielabhängigkeit beobachtet man psychische Erkrankungen bis hin zur Depression. Internetsucht ist noch nicht offiziell als Krankheit anerkannt.

Wie sollen Eltern, deren Kinder Anzeichen einer Online-Sucht zeigen, damit umgehen? Für viele Eltern sei es schwierig, Regeln für die Nutzung von Computerspielen und Internet aufzustellen, so Mortler. Anders als ihre Kinder seien sie nicht in die Internetwelt hineingeboren. Mortler sagt, dass der erhobene Zeigefinger nichts bringe. Eltern müssten sich mit den Kindern und ihren Problemen im positiven Sinne auseinandersetzen. Wenn das keinen Erfolg bringe, müsse man eine Beratung aufsuchen. Die Kommunen müssten ihrerseits erkennen, dass hier eine neue Herausforderung auf die Gesellschaft zukomme und die Suchtberatung vor Ort deutlich verbessern.

Wer ist gefährdet?

Zwischen den Geschlechtern gebe es typische Unterschiede im Nutzungsverhalten: Mädchen verlieren sich eher in den sozialen Netzwerken, Jungen stehen mehr auf Computerspiele, so Mortler. Gespielt werde nicht nur am PC und der Spielkonsole, sondern zunehmend auch auf mobilen Geräten, etwa auf dem Smartphone. Nutzer von Online-Rollenspielen, Online-Shootern - sogenannten Ballerspielen - oder Strategiespielen seien besonders gefährdet.

Treffen könne es im Grunde Kinder und Jugendliche aus jeder sozialen Schicht, die sich vernachlässigt fühlen. Doch Personen mit geringer sozialer Kompetenz seien besonders gefährdet, ebenso Jugendliche von Alleinerziehenden. Allerdings sei hier weitere Forschung nötig.

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