Wird weiter abgemahnt?

Berlin · Der Bundestag will am Donnerstag das neue Telemediengesetz beschließen. Für Anbieter von öffentlichen Hotspots soll es endlich Rechtssicherheit geben. Skeptiker warnen jedoch vor einer „Hintertür für die Abmahnindustrie“. Die Politik sieht das jedoch anders.

 An öffentlichen Hotspots können Nutzer meist kostenlos ins Internet. Foto: Nietfeld/dpa

An öffentlichen Hotspots können Nutzer meist kostenlos ins Internet. Foto: Nietfeld/dpa

Foto: Nietfeld/dpa

Der Verein Digitale Gesellschaft hat bei der Streichung der sogenannten Störerhaftung für Betreiber von WLAN-Hotspots vor "Hintertüren für die Abmahnindustrie" gewarnt. Nach derzeitigem Stand stünde betroffenen Rechteinhabern ein Unterlassungsanspruch gegen den Inhaber des Netzzuganges zu, über den Dritte Rechtsverstöße begingen. Biete jemand etwa über einen fremden WLAN-Zugang urheberrechtswidrig Musik oder Filme zum Download an, könne der Rechteinhaber den WLAN-Betreiber auf Unterlassung verpflichten.

Am Donnerstag will der Bundestag über die Novelle des Telemediengesetzes abschließend beraten, in der die Störerhaftung gestrichen sein soll. Damit will sie privaten Betreibern von öffentlichen Hotspots Rechtssicherheit gewährleisten. Hotspot-Anbieter müssten dafür jedoch auch von der Haftung auf Unterlassung befreit werden, sagte Volker Tripp, Geschäftsführer des Vereins. "Nur unter dieser Voraussetzung entfällt das Abmahnrisiko, welches bis heute das größte Hemmnis für offene Hotspots in Deutschland darstellt."

Dieser Einschätzung widerspricht Thomas Jarzombek, der netzpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion. Die Streichung eines Unterlassungsanspruchs würde schlicht gegen europäisches Recht verstoßen und automatisch eine Klagewelle provozieren, sagte Jarzombek. Dennoch hätten WLAN-Betreiber keine Abmahnungen zu befürchten. Der Provider ist auf Grundlage der aktuellen Novelle von der Haftung befreit. "Das trifft klipp und klar auch auf WLAN-Anbieter zu." Die Hürden, die der Bundesgerichtshof einem Antragsteller auferlegt - bis zur Beauftragung einer Detektei, seien dermaßen hoch, dass im Falle einer Urheberrechtsverletzung "eine Abmahnung de facto nicht gangbar" sei.

Vor knapp drei Wochen kündigten SPD und Union an, die WLAN-Störerhaftung abzuschaffen. Nach einem am Dienstag in den Fraktionen von CDU/CSU und SPD abgestimmten Änderungsantrag zur Novelle des Telemediengesetzes werden WLAN-Anbieter künftig Internet-Providern gleichgestellt. "Eine Haftung des Diensteanbieters ist danach grundsätzlich ausgeschlossen, wenn der Anbieter von Diensten der reinen Durchleitung die Übermittlung nicht veranlasst, den Adressaten der übermittelten Kommunikation nicht auswählt und er die übermittelten Informationen nicht auswählt oder verändert", hieß es in der Begründung, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Der netzpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion , Lars Klingbeil , betonte: "WLAN-Anbieter haften nicht mehr für die Rechtsverletzungen Dritter."

Dass sich der Unterlassungsanspruch als "Hintertür" für die Störerhaftung erweisen könnte, hatte zuletzt auch Ulf Buermeyer, Richter am Landgericht Berlin vermutet. Seiner Einschätzung nach ist eine Abmahnung damit nicht ausgeschlossen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt würde er deshalb noch nicht empfehlen, seinem Nachbarn das eigene WLAN zu öffnen, sagte Buermeyer.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort