Kostenfalle Gratis-Spiele

Berlin · Angebliche Gratis-Spiele gibt es im Internet wie Sand am Meer. Häufig verbirgt sich dahinter aber das sogenannte Free-to-play-Prinzip. Wirklich kostenlos ist dabei kaum etwas.

Eine winzige Unaufmerksamkeit kurz vor dem Ende - und schon liegt die Figur am Boden. Liebhaber kennen dieses Gefühl noch von den Automaten der 80er Jahre. Und sie kennen auch die dazugehörige Aufforderung "Insert Coin" ("Münze einwerfen"). Denn selbst wenn das Spiel verloren war, war ein Weiterspielen damals immer möglich - gegen Geld.

Dieses Grundprinzip schien ausgestorben, feiert seit einiger Zeit mit sogenannten Free-to-play-Spielen aus dem Internet aber eine Renaissance. Der Start ist gratis, dafür kostet später jede Kleinigkeit Bares- egal, ob es dabei neue Level, Tiere für den virtuellen Bauernhof oder Ausrüstung für digitale Helden geht.

Beliebt auf Smartphones

Populär sind solche Spiele vor allem auf Smartphones und Tablet-PCs: Laut Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU) haben Spieler auf mobilen Geräten im ersten Halbjahr 2015 rund 153 Millionen Euro in sogenannte In-App-Käufe investiert. Für den Kauf von Spiele-Apps gaben sie dagegen nur 22 Millionen Euro aus.

Dabei wird dem Nutzer auf verschiedene Arten Geld entlockt. Aufbauspiele wie "Clash of Clans" verkaufen zum Beispiel besonders gern Spielgeld: Wer keine Lust hat, seine Siedlung nur langsam wachsen zu sehen, kann die Bauarbeiten mit Diamanten beschleunigen - oder sich gleich die besten Kämpfer und Gebäude kaufen.

In Puzzle- und Rätselspielen wie dem beliebten "Candy Crush Saga" trifft es dagegen vor allem die Ungeschickten. Denn hier schaltet echtes Geld vor allem neue Leben und kleine Helfer frei. Wer alles ohne Hilfe und auf Anhieb schafft, muss theoretisch nicht zahlen. Spätere Level sind dann ohne Unterstützung allerdings fast nicht lösbar.

Rollenspiele aus der Free-to-play-Welt verkaufen vor allem sogenannte Items, Gegenstände, die im Spiel gesammelt werden müssen. Mal kann man so zum Beispiel Monster schneller besiegen, mal gibt es gegen Geld aber auch nur schickere Umhänge oder neue Frisuren. Bei anderen Spielen werden nur sogenannte Mystery-Boxen verkauft. Was der Spieler genau für sein Geld bekommt, weiß er vorher nicht.

Überschreiten Free-to-play-Titel so die Grenze zum Glücksspiel? "Ich würde die Mechanismen von Free-to-play-Spielen nicht mit Glücksspiel oder Spielautomaten gleichsetzen", sagt Michael Dreier vom Fachverband Medienabhängigkeit an der Medizinischen Hochschule Hannover. "Es gibt jedoch Überschneidungen." Deshalb hält Dreier solche Spiele für gefährlich: "Die Suchtgefahr ist bei Free-to-play-Spielen deutlich höher als bei anderen Computerspielen", sagt er. Problematisch sei dabei vor allem, dass sich Probleme in solchen Spielen immer mit Geld lösen lassen. Geschick und Geduld sind zweitrangig.

Gefahr für Kinder

Die Gefahren des Free-to-play-Prinzips betreffen auch Kinder. Vor allem Minderjährige mit schlechter Selbstregulation seien besonders anfällig, erklärt sagt Michael Dreier vom Fachverband Medienabhängigkeit. Trotzdem sprechen viele Free-to-play-Titel gezielt Jüngere an, zum Beispiel mit virtuellen Ponyhöfen. Kinder ließen sich womöglich schneller zum Kauf verführen oder durchschauten oft nicht so ganz, was sie da anklicken, erklärt Stephan Günzel, Professor für Game Design an der BTK Hochschule für Gestaltung in Berlin .

Um den Nachwuchs und das Konto zu schützen, können Eltern die In-App-Käufe bei iOS und Android gezielt sperren oder mit einem Passwort schützen. Komplizierter sei das allerdings bei Browserspielen, sagt Barbara Steinhöfel von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz.

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