Studenten fürchten um Voll-Uni

Saarbrücken · Am Mittwoch beginnt die erste Runde der Präsidenten-Wahl an der Universität des Saarlandes. Der Nachfolger von Volker Linneweber soll die Uni ins nächste Jahrzehnt führen. Wir haben die Saarbrücker Studenten gefragt, was sie von dem neuen Präsidenten erwarten.

 Die Saar-Uni steht vor einer entscheidenden Weichenstellung. Viele Studenten haben dazu klare Vorstellungen. Fotos: Maurer

Die Saar-Uni steht vor einer entscheidenden Weichenstellung. Viele Studenten haben dazu klare Vorstellungen. Fotos: Maurer

Wer sich in der Woche vor der Wahl des neuen Unipräsidenten unter den Studenten der Saar-Uni umhört, stellt schnell fest: Es sind besonders die Sparmaßnahmen , die die Nachwuchsakademiker beschäftigen. Dabei ist das Gefühl weit verbreitet, dass Fächer ohne Lobby am meisten davon betroffen sind. Das weckt die Sorge, die Universität könnte sich vom Anspruch auf umfassende Bildung verabschieden. Mit deutlichen Worten formuliert der Germanistik-Student Dominik Stutz diese Sorge. Er fordert, die "unsägliche Abschaffung der Voll-Uni" müsse gestoppt werden: "Der neue Präsident soll alle Fakultäten bedienen. Damit es sich auch für Geisteswissenschaftler lohnt, hier zu studieren."

Trotz ihrer Kritik äußern viele Studenten durchaus Verständnis für die von Seiten der Landespolitik auferlegte Sparlast - wünschen sich allerdings eine ausgewogenere Verteilung. Marek Kunz, der Deutschlehrer werden will, drückt es so aus: "Es ist klar, dass gespart werden muss, aber nicht immer an den kleinen Fächern." Sein Wunsch an den neuen Präsidenten: "Er soll sich für ein breites Angebot an allen Fakultäten einsetzen."

Jennifer Schnell, die angewandte Kulturwissenschaften studiert, sagt, sie sei durch die Einsparungen in ihrem Wunschstudium eingeschränkt worden. "Ich wollte eigentlich Vor- und Frühgeschichte im Master machen. Aber der Lehrstuhl ist seit Jahren unbesetzt." Sie zweifelt, ob das aktuelle Sparkonzept wirklich die Finanzierungsprobleme löst: "Es ist verständlich, dass die Uni sparen muss. Aber es ist fraglich, ob es unterm Strich viel bringt, immer bei den Kleinen zu sparen." Darum wünscht sie sich vom neuen Präsidenten, dass er neue Wege bei der Haushaltskonsolidierung findet. Geschichtsstudentin Laura Horbach sieht die Geisteswissenschaften besonders von den Sparmaßnahmen betroffen. "Wir haben nur einen Professor, und der hat sehr viel zu tun." Einen Zweitkorrektor für ihre Abschlussarbeit musste sie sich aus diesem Grund außerhalb der Saar-Uni suchen.

Einsparungen und Kürzungen machen nicht nur den Geisteswissenschaftlern zu schaffen. Auch bei den Juristen hört man immer wieder die Klage über Streichungen, besonders bei den Tutorien. Diese Angebote sind für die Rechtswissenschaftler besonders bedeutsam, weil in ihnen oft der Stoff für die Prüfungen gepaukt wird. Die meisten befragten Jura-Studenten wollten ihren Namen nicht in der Zeitung lesen; einig waren sie sich aber in der Einschätzung, dass die gegenwärtigen Verhältnisse die Zukunft der Uni aufs Spiel setzen. Sie berichten von Kommilitonen, die die die Uni schon gewechselt hätten, weil in den unteren Semestern nicht mehr so viele Tutorien zur Verfügung stünden wie in den höheren.

Ähnliche Probleme sehen die Betriebswirtschaftler. BWL-Student René Drumm etwa fürchtet, dass vakante Lehrstühle in seinem Fach nicht mehr besetzt werden. Auch Dominik Rübel empfindet es als Gefahr, dass das Lehrangebot immer weiter eingeschränkt wird: "Das ist nicht der klügste Schachzug. Denn so verliert die Universität an Attraktivität für Studenten von außerhalb." Viele seiner Studienkollegen fragten sich, wie und ob es weitergeht. "Das hört man überall raus, egal wen man fragt." Medizin-Student Stefan Königsbüscher sieht die Einseitigkeit kritisch: "Ich finde es problematisch, dass einige wenige Fächer zugunsten von Prestige-Fächern gestrichen werden. Die Ausstattung mit Dozenten wird auf ein Minimum reduziert, so dass gute, innovative und breit gefächerte Lehre nicht mehr stattfinden kann."

Einen nüchternen Blick auf die finanzielle Situation wirft Asta-Vertreterin Samira Scheibner. "An den Geldern können wir nicht mehr viel ändern", sagt sie. "Der Präsident, der jetzt kommt, kann nur Schadensbegrenzung betreiben." Auch ihr ist der Erhalt der Voll-Uni ein besonderes Anliegen. "Wir wünschen uns, dass die kleineren Fächer und die Geisteswissenschaften unterstützt werden." Bei Auseinandersetzungen mit der Landespolitik erwartet sie von ihm darum eine gewisse Härte. "Ich wünsche ihm viel Kraft und Durchhaltevermögen. Das ist eine große Aufgabe, die er übernimmt." Der Entscheidung sieht Scheibner erwartungsvoll entgegen: "Es sind interessante Kandidaten und es wird eine spannende Wahl." Im Umgang mit dem neuen Präsidenten setzt sie auf "Zusammenarbeit und Kommunikation".

Kommunikation ist ein Stichwort, bei dem viele Studenten noch einiges im Argen sehen. So wünscht sich Lukas Redemann von der Fachschaft der Dolmetscher: "Der Präsident muss dafür sorgen, dass alle auf dem gleichen Informationsstand sind". Das sei in der Vergangenheit nicht immer der Fall gewesen. Denys Davydovskyy, der Sportwissenschaften studiert, ist mit dem Verhältnis von Verwaltung und Studenten unzufrieden. Er wünscht sich mehr Nähe zwischen den Vertretern der Institutionen - Präsident, Prüfungssekretariat, Institutsleitung - und seinesgleichen. "Der Student wird oft nur hin- und hergeschickt und keiner fühlt sich für ihn zuständig." Ähnlich allein gelassen fühlt sich Benedetta Gaffuri. Die Erasmus-Studentin aus Italien ist ein wenig enttäuscht über das Studium an der Saar-Uni, weil es außerhalb der Kurse kaum Kontakt zu den deutschen Studenten gebe. Sie wünscht sich ein größeres Angebot an Veranstaltungen, "wo sich normale und Erasmus-Studenten treffen können."

 Lukas Redemann

Lukas Redemann

 Laura Horbach

Laura Horbach

 Samira Scheibner

Samira Scheibner

 Jennifer Schnell

Jennifer Schnell

 Benedetta Gaffuri

Benedetta Gaffuri

 Marek Kunz

Marek Kunz

Als Indiz dafür, dass es in puncto Kommunikation noch Nachbesserungsbedarf gibt, mag auch die Präsidentschaftswahl selbst herhalten - nur etwa die Hälfte der befragten Studenten wusste überhaupt, dass sie stattfindet. Die Kandidaten kannte so gut wie niemand.

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