Erst sanieren, dann planieren

Saarbrücken · Aus Sicherheitsgründen werden alle Betonbalkone an Gebäude C5 3 der Geisteswissenschaftler abmontiert. Mittelfristig soll das Haus abgerissen werden. Doch die notwendigen Sanierungsarbeiten für einen Umzug lassen auf sich warten.

 Ein letztes Mal scheint die Frühlingssonne auf die intakte Balkonfassade von Gebäude C5 3 an der Saar-Uni. Seit gestern werden die Betonelemente von der Unterkunft der Geisteswissenschaftler abmontiert.

Ein letztes Mal scheint die Frühlingssonne auf die intakte Balkonfassade von Gebäude C5 3 an der Saar-Uni. Seit gestern werden die Betonelemente von der Unterkunft der Geisteswissenschaftler abmontiert.

Foto: Iris Maurer

Es heißt, es gebe zwei Arten, wie man an der Universität des Saarlandes ums Leben kommen kann: Entweder man wird von herunterfallenden Betonbrocken bei den Geisteswissenschaftlern erschlagen. Oder man rutscht auf dem Marmor der Informatiker aus.

Damit der erste Teil dieses Witzes nicht grausame Wirklichkeit wird, arbeiten seit dieser Woche Bauarbeiter mit schwerem Gerät an Gebäude C5 3, dem Epizentrum des bröckelnden Betons. Sie demontieren eine ganze Armada von Balkonen, die an der Fassade des Hauses angebracht sind, das unter anderem die Germanisten und die Anglisten beherbergt. Diese Maßnahme soll endlich die Absperrungszäune und Auffangnetze überflüssig machen, die bereits seit Jahren Passanten zur ihrer eigenen Sicherheit daran hindern sollen, zu nah an den Außenwänden entlang zu streifen, und die dem Areal die Anmutung eines Krisengebietes verleihen.

Die Betonbalkone haben keinerlei Funktion, sie dienen nicht etwa einem gemütlichen Plausch an der frischen Luft oder der Aufzucht sonnenhungriger Pflanzen. Es sind reine Zierelemente, die an den architektonischen Stil des Brutalismus erinnern. Dieser Baustil der Nachkriegszeit feierte den béton brut, den rohen Beton, als Baumaterial. Den Geisteswissenschaftlern ist das Feiern inzwischen vergangen.

Unter den betroffenen Mitarbeitern hat die Ankündigung der Abtragungsarbeiten einige Aufregung verursacht. Die Sorge, angesichts einer enormen Lärmbelästigung der alltäglichen Forschungsarbeit, ganz zu schweigen vom Lehrbetrieb, nicht mehr nachgehen zu können, ist groß.

Die Universität sagt, sie bemühe sich für jede der betroffenen Personengruppen - Wissenschaftler, Angestellte, Studenten - um eine passende Lösung. Seminare könnten beispielsweise in andere Gebäude verlegt werden. Damit Studenten in Ruhe an ihren Referaten und Seminararbeiten feilen können, werde geprüft, ob eine Verlängerung der Bibliotheksöffnungszeiten in die Abendstunden möglich sei, erklärte Uni-Pressesprecherin Friederike Meyer zu Tittingdorf. Welche konkreten Lösungen gefunden werden, hänge auch davon ab, wie sich die Lärm- und Staubbelastung tatsächlich entwickelt.

Bei den ersten Arbeiten zur Abnahme der Balkone gestern hielt sich die Lärmbelastung in Grenzen. Da die Balkone lediglich an der Gebäudefassade eingehängt sind, mussten nur die Verbindungsvorrichtungen gelöst werden. Ein Kran konnte die einzelnen Betonteile anschließend sanft durch die Lüfte heben. Lauter könnte es jedoch werden, wenn die abmontierten Teile zerkleinert werden, um sie transportfähig zu machen.

Spätestens zum Ende der Vorlesungszeit im Sommersemester sollen die Sicherungsarbeiten, deren Gesamtkosten sich laut saarländischem Finanzministerium auf 475 000 Euro belaufen, abgeschlossen sein. Doch auch das wird keine langfristige Lösung sein, denn der Abriss von Gebäude C5 3 ist beschlossene Sache, wie das Finanzministerium ebenfalls mitteilte. Die Zukunft der Geisteswissenschaftler liegt im angrenzenden Gebäude C5 2.

Der Umzug kann aber erst erfolgen, wenn C5 2 saniert ist. Und das zieht sich hin. Laut Meyer zu Tittingdorf steht das Gebäude schon seit zehn Jahren ganz oben auf der Sanierungswunschliste der Hochschule. Die Aussage des Landes als Bauherr, es habe kein planungsreifes Raumkonzept vorgelegen, weist die Uni-Sprecherin zurück. Man habe bereits mehrere Pläne ausgefertigt.

Das nächste Hindernis auf dem Weg zu einer Sanierung ist allerdings schon in Sichtweite. Der Plan, der nun in den Landeshaushalt eingebracht werden soll, sieht vor, dass die einzelnen geisteswissenschaftlichen Fachbereichsbibliotheken verschwinden. Solange nicht entschieden ist, wo deren Bücher unterkommen werden, lässt die Modernisierung von C5 2 weiter auf sich warten.

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