Die HTW baut Brücken nach China

Saarbrücken · Ein Studienaufenthalt in China macht sich gut im Lebenslauf. Solche Absolventen gelten auf dem Arbeitsmarkt als begehrt. Die Hochschule für Technik und Wirtschaft in Saarbrücken (HTW) setzt darum auf eine Kooperation mit der Tongji-Universität in Shanghai.

Für viele Unternehmen sind nicht mehr die USA das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, sondern China. Zahlreiche deutsche Unternehmen haben sich im Reich der Mitte niedergelassen. Das weckt auch den Bedarf an Fachkräften, die sich in beiden Kulturen auskennen. Doch die Hürden für den wissenschaftlichen und studentischen Austausch sind höher als etwa in den USA.

Die Hochschule für Technik und Wirtschaft versucht, dem etwas entgegenzusetzen. "Ich denke, dass man entweder mit dem Trend in den Wirtschaftsbeziehungen mitschwimmt und sie mitgestaltet oder sich irgendwann von der Welle überrollen lässt", sagt Martina Lehser, Professorin für Ingenieurwissenschaften an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW). Sie ist Leiterin des Chinesisch-Deutschen Institutes (CDI) an der HTW und Mitglied der Chinesisch-Deutschen Hochschule für Angewandte Wissenschaften (CDHAW).

Das CDHAW mit Sitz an der Tongji-Universität in Shanghai wurde 2004 vom deutschen Bildungsministerium und dem chinesischen Erziehungsministerium ins Leben gerufen. Auf deutscher Seite nehmen 26 Fachhochschulen an dem Projekt teil. Ziel ist die Schaffung einer Plattform, die deutschen und chinesischen Studenten ein binationales Studium inklusive kulturellem Austausch und viel Praxisnähe ermöglicht.

Angeboten werden Bachelorstudiengänge in den Bereichen Mechatronik, Wirtschaftsingenieurwesen, Gebäudetechnik und Fahrzeugtechnik. Die Ausbildung dauert vier Jahre, von denen die ersten drei im jeweiligen Mutterland und das letzte im Ausland absolviert werden. Die zweite Hälfte des Auslandsjahres besteht dann aus einem Praktikum und der Bachelorarbeit bei einem Unternehmen. Am End e steht ein Doppelabschluss der chinesischen und der deutschen Hochschule.

Die Absolventen sind begehrt, sagt Martina Lehser: "Die deutschen Firmen in China suchen händeringend nach solchen Leuten, die nicht nur einfach ein Auslandsjahr über sich ergehen lassen, sondern die auch die kulturellen Verhältnisse kennenlernen."

Besonders auf chinesischer Seite ist die Nachfrage nach den Studienplätzen groß. Ungefähr 800 Studenten nehmen aktuell an dem Projekt teil, Tendenz steigend. An der HTW gab es bisher insgesamt 45 Austauschstudenten aus Asien, zurzeit studieren zehn Chinesen an der Hochschule. Besonders die praktische Orientierung und die enge Verknüpfung von praktischen und theoretischen Aspekten haben es den Chinesen angetan.

Von den deutschen Studenten wird das Projekt bisher allerdings schlecht angenommen. Gerade einmal vier Studenten der HTW haben das Angebot bislang genutzt. Grund ist unter anderem die Sprachbarriere, so Lehser. Für die chinesischen Studenten findet der Unterricht von Anfang an auf Deutsch und Englisch statt, zusätzlich sind Deutsch-Intensivkurse verpflichtend. "Unsere Studenten können zwar auch Chinesisch lernen, aber das ist dann meistens nur ein Semester", sagt Martina Lehser. Sie könnten das zwar auch noch vertiefen, dennoch sei es schwierig, sich damit im chinesischen Alltag zurechtzufinden. Außerdem seien die Lebenshaltungskosten in chinesischen Großstädten wie Shanghai enorm hoch.

Die Saarbrücker Studenten Gordon Boos und Johannes Schömann haben es dennoch gewagt. Sie haben ein Jahr in der chinesischen Metropole Shanghai verbracht, dort ihre Bachelorarbeit geschrieben und praktische Erfahrungen gesammelt.

Fachlich habe ein Praktikum in Deutschland zwar mehr zu bieten, meint Gordon Boos. Aber der Umgang mit Menschen einer ganz anderen Kultur und einer völlig fremden Sprache sei eine unschätzbare Erfahrung. Sie hat den Studenten so beeindruckt, dass er nach seinem Studium einige Jahre in China arbeiten möchte.

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