Bestatter müssen psychisch stabil sein

Reutlingen · Der Umgang mit Verstorbenen ist für Bestatter alltäglich. Sie begleiten Familien, die eine besonders schwere Zeit durchmachen. Der Umgang mit Trauernden ist eine Herausforderung.

 Die angehende Bestatterin Carolin Dumbeck kleidet einen Sarg aus. Foto: Martin Storz/dpa

Die angehende Bestatterin Carolin Dumbeck kleidet einen Sarg aus. Foto: Martin Storz/dpa

Foto: Martin Storz/dpa

Für viele junge Menschen ist der Tod ein weit entferntes Thema. Dennoch ist das Interesse am Beruf des Bestatters groß. Jedes Jahr machen etwa 150 Jugendliche die Ausbildung zur Bestattungsfachkraft, die Zahl der Bewerber liegt deutlich höher. "Ich gehe jeden Morgen gern zur Arbeit", erzählt Carolin Dumbeck. Sie hat einen der Ausbildungsplätze bekommen und im Herbst ihre dreijährige, duale Ausbildung begonnen.

Im Bestattungshaus Unter den Linden in Reutlingen lernt sie, Gespräche mit Angehörigen zu führen, Trauerfeiern zu organisieren und Särge herzurichten. Sie muss die Verstorbenen ankleiden und zurechtmachen - das Ganze so würdevoll wie möglich, um dem Toten die letzte Ehre zu erweisen. "Ich habe keine Angst, einen Toten anzufassen", erzählt Dumbeck. Die 17-Jährige musste sich mit dem Thema Trauer früh beschäftigen. Ihr Vater starb, als sie neun Jahre alt war. "Ich habe mir mein ganzes Leben lang immer wieder Gedanken über den Tod gemacht", erzählt sie. Dadurch könne sie sich in Kunden hineinversetzen. "Ich möchte Menschen in einer Phase helfen, die ich selbst erlebt habe." Gleichzeitig weiß sie, dass sie Grenzen ziehen muss. "Man darf den Beruf nicht mit nach Hause nehmen."

Den theoretischen Teil der Ausbildung absolviert Dumbeck an der staatlichen Berufsschule im unterfränkischen Bad Kissingen. Das ist eine von drei Schulen für angehende Bestatter in Deutschland. Viele der angehenden Bestattungsfachkräfte kämen aus Familienbetrieben, sagt Klaus Werner, der die Fachrichtung an der Schule betreut und den Rahmenlehrplan für die Ausbildung miterarbeitet hat.

Die Abbrecherquote in Bad Kissingen sei mit fünf bis sechs Azubis pro Jahr sehr gering. "Das ist sehr wenig für die Belastung, die dieser Beruf mit sich bringt", erklärt Werner. Emotional, psychisch, aber auch bei den Arbeitszeiten ist der Beruf eine Herausforderung: Bestatter müssen rund um die Uhr einsatzbereit sein.

Voraussetzung sei neben der psychischen Stabilität eine gute körperliche Konstitution, erläutert Werner. Denn nicht immer liegt die Wohnung des Verstorbenen im Erdgeschoss. Andererseits spiele auch Kreativität eine Rolle. "Bei den Trauerfeiern muss man die Vorstellungen der Angehörigen umsetzen können." Außerdem wichtig: der Umgangston. "Man arbeitet mit Menschen, die in Krisensituationen sind." In der Berufsschule geht es um kaufmännische Inhalte, um Fakten rund um das Friedhofswesen, um den Umgang mit Hinterbliebenen und um Trauerpsychologie.

Wer Bestatter werden will, müsse sowohl die Neigung als auch die Eignung mitbringen, solch einen existenziellen Job auszuüben. "Wir brauchen gefestigte Persönlichkeiten", sagt Oliver Wirthmann, Geschäftsführer des Kuratoriums Deutsche Bestattungskultur und Pressesprecher des Bundesverbands Deutscher Bestatter. Die Arbeit sei deswegen so erfüllend, weil sie ermögliche, in einer ganz konkreten Situation Menschen zu helfen.

Bestatter sei allerdings kein geschützter Beruf, jeder dürfe sich so nennen, erklärt Wirthmann. Ausgebildete Bestattungsfachkräfte können unter anderem einen Meistertitel erwerben. Carolin Dumbeck will sich nach ihrer Lehre zur Einbalsamiererin weiterbilden lassen.

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Begleiter auf dem letzten Weg (hei) Bestattungsfachkräfte organisieren Beerdigungen und Trauerfeiern. Sie kümmern sich um alle anfallenden Formalitäten, beraten und betreuen Angehörige und sorgen für einen würdevollen Abschied von Verstorbenen. Die Ausbildung dauert drei Jahre, die Ausbildungsvergütung beträgt nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit zwischen 400 und 1000 Euro brutto monatlich. Das spätere Einstiegsgehalt beziffert der Bundesverband Deutscher Bestatter mit 2000 und 2300 Euro brutto monatlich. Weitere Infos im Internet unter www.bestatter.de

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