Saarländerinnen wuschen mit Valan

Saarbrücken. In der Nacht vom 5. auf den 6. Juli 1959 - also vor genau 50 Jahren - wurde das Saarland in das Währungsgebiet der D-Mark integriert. In den Jahrzehnten zuvor hatten sich die Saarländer an einige Valuta gewöhnen müssen. Allein nach dem Zweiten Weltkrieg hat es im Saarland - einschließlich der D-Mark - vier verschiedene Währungen als Zahlungsmittel gegeben

Saarbrücken. In der Nacht vom 5. auf den 6. Juli 1959 - also vor genau 50 Jahren - wurde das Saarland in das Währungsgebiet der D-Mark integriert. In den Jahrzehnten zuvor hatten sich die Saarländer an einige Valuta gewöhnen müssen. Allein nach dem Zweiten Weltkrieg hat es im Saarland - einschließlich der D-Mark - vier verschiedene Währungen als Zahlungsmittel gegeben. Unmittelbar nach Kriegsende blieb zunächst die Reichsmark (RM) gültig. Ab dem 16. Juli 1947 hatte das Saarland mit der Saar-Mark (SM) seine eigene Währung. Damit sollten die Abtrennung des Landes vom übrigen Deutschland und sein wirtschaftlicher Anschluss an Frankreich vorbereitet werden. Das Besondere an den Saar-Mark-Scheinen war, dass sie zweisprachig bedruckt waren. Eigene Münzen gab es keine, die alten Reichsmark-Geldstücke behielten ihre Gültigkeit. Dieser Währung war nur ein kurzes Leben von fünf Monaten beschieden. Bereits am 20. November 1947 wurde der französische Franken offizielles Zahlungsmittel. In den Jahren 1954 und 1955 hatte das Saarland allerdings das Recht, eigene Münzen zu prägen. In Größe und Gewicht entsprachen sie den französischen Münzen, die Beschriftung war auf Deutsch, auf der Vorderseite prangte das Saarland-Wappen. Knapp zwölf Jahre lang bezahlten die Saarländer mit Franken, bis am 6. Juli 1959, am "Tag X", die französische Währung durch die D-Mark abgelöst wurde. Auch der Wirtschaftsraum Saarland unterschied sich in vielerlei Hinsicht von dem westdeutschen. Das Land war von Kohle und Stahl geprägt, auch wenn im Jahr 1959 von den zuvor 18 Bergwerken bereits drei geschlossen wurden: Mellin (Sulzbach), St. Barbara (Bexbach) und St. Ingbert. Dennoch: Mehr als 60 000 Menschen waren damals noch im saarländischen Bergbau beschäftigt. Die Kohleförderung lag Ende der 50er Jahre bei 16,3 Millionen Tonnen. Die saarländische Stahlindustrie gab 1959 noch 33 000 Menschen Arbeit.Unter dem Schutz der hohen Zölle gegenüber der Bundesrepublik und der Integration in den französischen Wirtschaftsraum hatten ganz spezielle Saar-Produkte in den 50er Jahren ihre Blütezeit. So stellte die St. Ingberter Firma Wöhler die einzige jemals im Saarland gebaute Kleinbild-Kamera namens "Favor" her. Unter der Marke "Saroptico" baute man in Lizenz 500 Leica-Kameras für den französischen Markt, um die Zollschranken zu umgehen. Auch Kühlschränke und Herde "Made in Saarland" standen in vielen Haushalten - unter anderem produziert von der St. Ingberter Firma Jenewein & Gapp (Jega). Vor der wirtschaftlichen Rückgliederung gab es insgesamt drei Herdfabriken im Saarland. Mit Töpfen, Pfannen und Sieben versorgte die Neunkircher Firma Menesa die saarländischen Hausfrauen. Nach Frankreich lieferte Menesa Helme für die Gendarmerie und die Armee. Die saarländische "Tupperware" kam von Hanns Turnwald. Seine in Wadern-Lockweiler gegründete Firma Turnwald Plastic formte zusammen mit dem Weiskircher Trolitan-Presswerk Plastik-Dosen für Lebensmittel, stapelbare Tassensets, Trichter oder Eierbecher - und vieles mehr. Insgesamt 200 Haushaltsgegenstände erdachte sich der findige Unternehmer. Für saubere Kleidung sorgten im Saarland der 50er Jahre Waschmittel wie Hexim und Valan aus den Tip-Werken Hartung in Saarbrücken. Valan war das erste Schnellwaschmittel, das Einweichen, Kochen und Spülen der Wäsche in einem Arbeitsschritt vereinte. "Die Waschmaschine in der Tüte" - mit diesem Slogan überzeugte der Hersteller die saarländischen Hausfrauen. Bei Hexim behaupteten die Werbetexter sogar, dass nur dieses Waschmittel die rauch- und rußgeschwärzte Kleidung der Saarländer reinigen kann. Für einen anständigen Brotaufstrich sorgte die Sulzbacher Firma Fauser, die ihrer Landsieg-Margarine in den 50er Jahren sogar schon Vitamine zusetzte. Nicht so gesund, aber ebenso begehrt waren die Zigaretten von der Saar. Nach französischem Vorbild hatte man 1947 im Saarland eine staatliche "Tabakregie" eingerichtet. 16 Tabakfabriken gab es bis Ende der 50er Jahre. Sie warben mit Marken wie Lasso, Sultan, Rotfuchs, Amba oder Halbe Fünf um die Gunst der Raucher. Nur die Saarlouiser Tabakfabrik Jyldis überlebte die Zeit nach der Währungsumstellung. Die Zigarettenproduktion wurde dort erst 1985 eingestellt, bei den anderen passierte das wesentlich früher. Nach dem "Tag X" hatten viele saarländische Waren keine Chance mehr gegen die zahlreichen Importprodukte aus "dem Reich". Allein die deutschen Versandhäuser schickten 100 000 Kataloge in die saarländischen Haushalte. Viele Unternehmen mussten bei dieser Flut und der Vorliebe der Saarländer für westdeutsche Produkte kapitulieren, zumal der Verdrängungswettbewerb brutal war. > Fortsetzung folgt

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