Rettungsschirm für Spanien nahtAthen ringt mit Troika um SparpaketErste Milliarden für spanisches Geldhaus Bankia

Brüssel. Die spanische Krankheit greift um sich. Inzwischen wird in Brüssel nicht mehr gefragt, ob Madrid unter den Rettungsschirm schlüpft, sondern nur noch wann. Bereits am Freitag gäbe es eine Gelegenheit: Dann sitzen die Finanzminister der Euro-Zone in Zypern zusammen. Tatsächlich überschlagen sich wieder die schlechten Nachrichten

Brüssel. Die spanische Krankheit greift um sich. Inzwischen wird in Brüssel nicht mehr gefragt, ob Madrid unter den Rettungsschirm schlüpft, sondern nur noch wann. Bereits am Freitag gäbe es eine Gelegenheit: Dann sitzen die Finanzminister der Euro-Zone in Zypern zusammen. Tatsächlich überschlagen sich wieder die schlechten Nachrichten. Ende vergangener Woche hatte Andalusien als vierte iberische Region Bankrott angemeldet. Gestern musste sich Ministerpräsident Mariano Rajoy von der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) anhören, dass sein Land einen Negativ-Weltrekord bei der Arbeitslosigkeit aufstellt: 24,5 Prozent aller Einwohner im erwerbsfähigen Alter sind ohne Job. Bei den unter 24-Jährigen sogar 53,2 Prozent. Im kommenden Monat muss Madrid bereits 25 Milliarden an aktuellen Verbindlichkeiten bedienen. Noch immer hofft man auf der iberischen Halbinsel, dass die 100-Milliarden-Spende der Euro-Partner für die Banken reicht. Doch niemand weiß, wann der Großteil des Geldes fließt, denn die Umstrukturierungen bei den Geldhäusern sind nicht einmal angelaufen. "Wir befinden uns am Rand der Zahlungsunfähigkeit", drängte der Chef des spanischen Unternehmerverbandes Arturo Fernández, seinen Regierungschef schon vor Tagen zum Gang nach Luxemburg, wo der EFSF seinen Sitz hat. Der wollte erst einmal die Entscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB) zum Anleihenkauf abwarten und dürfte geschockt gewesen sein: Denn sie will Papiere nur aufkaufen, wenn die Troika eingreifen darf.Dabei wäre die Währungsunion wohl gelinde gesagt tief getroffen, wenn Spanien tatsächlich nach der Rückendeckung der Euro-Familie rufen würde. Denn im bisherigen EFSF-Rettungsschirm sind (von ursprünglich 440 Milliarden) noch 240 Milliarden verfügbar. Der mit 500 Milliarden Euro angefütterte ESM-Krisenmechanismus könnte einen Absturz Madrids vielleicht schultern. Aber kurz vor der morgigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes weiß niemand so genau, ob es diese Notkasse geben wird.

In Brüssel ist man da schon ein Stück weiter. Nicht nur Spanien wird als potenzieller Kunde des ESM erwartet, sondern möglicherweise auch Italien und sogar Slowenien. Während in Ljubljana selbst die Regierung lediglich durchblicken lässt, dass man bis zum Jahresende noch 500 Millionen braucht, sind es im Fall Italien bis zu 670 Milliarden bis 2014. Und auch dort wird die Lage immer dramatischer. 22,3 Prozent sind ohne Job. Und auch der Widerstand von Regierungschef Mario Monti gegen eine Griff in die Euro-Kasse samt Einschalten der Troika wird immer leiser: "Es wäre kein Drama, wenn Italien eines Tages um Hilfe bitten müsste", sagte er Ende letzter Woche und schob dann noch den Satz nach: "Derzeit benötigen wir keine Unterstützung der Euro-Partner." dr

Athen. Die griechische Koalitionsregierung ringt weiter um die von den internationalen Gläubigern geforderten Sparmaßnahmen. Gestern unterbreitete sie der Troika aus EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) ihre Sparvorschläge. Griechenland muss das Paket am Freitag auch den Euro-Finanzministern vorlegen. Griechenland soll ein Sparpaket im Umfang von 11,5 Milliarden Euro vorlegen, die Maßnahmen sind allerdings auch innerhalb der Athener Koalition umstritten. afp

Brüssel. Die EU-Kommission hat einer Finanzspritze von 4,5 Milliarden Euro für das verstaatlichte spanische Geldhaus Bankia zugestimmt. Die Kommission erlaubte die Aufstockung des Kapitals von Bankias Mutterhaus BFA vorläufig, teilte die Behörde mit. Die spanischen Behörden müssen bis November einen Restrukturierungsplan für Bankia vorlegen. Spaniens Banken sind durch das Platzen einer Immobilienblase schwer angeschlagen. Im Juni sagte die Eurozone Hilfen von bis zu hundert Milliarden Euro für die Banken zu. afp

Meinung

Troika keine Unmenschen

Von SZ-KorrespondentDetlef Drewes

Die Zahlen waren noch nie so dramatisch. Mehr als jeder zweite junge Spanier ist arbeitslos, jeder vierte Erwerbstätige über 24 Jahren. Und noch immer laviert Regierungschef Mariano Rajoy herum, weil er die Arbeit der Troika mehr fürchtet als alles andere. Griechenland, Spanien und Italien bemühen sich fraglos. Madrid setzt bereits eine heftig umstrittene Mehrwertsteuer-Erhöhung um und das Rentenalter herauf. Trotzdem fehlen grundlegende Umstrukturierungen des öffentlichen Sektors und des Staatsapparates. Dass die Troika diese Dinge brandmarkt, macht sie noch nicht zu einem Gremium von Unmenschen. Es ist Unsinn, dass Spaniens Premier Rajoy die Troika zum Feindbild hochstilisiert. In Griechenland hat sie sogar Projekte zur Ankurbelung der Wirtschaft und zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit erstellt. Das würde den Iberern auch gut tun.

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