Kraftwerk Ensdorf unter Druck

Ensdorf/Saarbrücken. Das saarländische Kohlekraftwerk in Ensdorf spielt eine wichtige Rolle, um die Aufgaben der Energiewende zu bewältigen. Davon ist VSE-Vorstandschef Tim Hartmann überzeugt. "Ensdorf ist nach der Modernisierung fast so flexibel wie ein Gaskraftwerk", sagt er

Ensdorf/Saarbrücken. Das saarländische Kohlekraftwerk in Ensdorf spielt eine wichtige Rolle, um die Aufgaben der Energiewende zu bewältigen. Davon ist VSE-Vorstandschef Tim Hartmann überzeugt. "Ensdorf ist nach der Modernisierung fast so flexibel wie ein Gaskraftwerk", sagt er. "Damit ist es ein wichtiger Baustein, um die schwankenden Energien durch Wind und Sonne auszugleichen." Tatsächlich kann das Kraftwerk in Ensdorf mittlerweile sehr schnell hoch- und runtergefahren werden. Trotzdem ist die Zukunft des Kraftwerks gerade wegen Folgen der Energiewende ungewiss. Saarstahl-Chef Karlheinz Blessing hatte kürzlich damit gedroht, die Stromproduktion im Kraftwerk Ensdorf einzustellen, falls das Stahlunternehmen künftig die Umlage für erneuerbare Energien in der vollen Höhe von 5,3 Cent pro Kilowattstunde zahlen müsse.Nach Aussage von Kraftwerkschef Hans-Hermann Michaelis ist es möglich, einen Warmstart vom Zünden bis zum Netzanschluss in weniger als einer Stunde zu erreichen. Damit konnte die Anfahrtzeit um ein Drittel verringert werden. Ein normales Kohlekraftwerk braucht nach bis zu acht Stunden Stillstand 115 Minuten zum Hochfahren, bei längerem Stillstand zwischen vier und sieben Stunden.

Ebenso schnell sind Leistungsänderungen möglich, sodass Ensdorf auch einspringen kann, wenn durch einen Abfall der Netzfrequenz kurzfristig zusätzliche Kraftwerkskapazitäten gefragt sind oder schnell Leistung aus dem Netz genommen werden soll. Dabei kann das Kraftwerk nicht nur in kürzester Zeit auf Höchstleistung gebracht, es kann auch auf einen Bruchteil seiner eigentlichen Leistung gedrosselt werden.

Das Kraftwerk Ensdorf besteht aus zwei Blöcken: Block 1 mit 160 Megawatt betreibt die VSE, Block 3 mit einer Leistung von 300 Megawatt ist an Saarstahl verpachtet, wird aber auch von der VSE betreut. Bereits vor zehn Jahren hatte der saarländische Energieversorger entschieden, die beiden Blöcke zu modernisieren. 30 Millionen Euro hat das Unternehmen dafür investiert. Damals war weder das Ende der Kohleförderung an der Saar abzusehen noch der rasante Ausbau der erneuerbaren Energien.

Letztere machen aber - auch unabhängig von den Ankündigungen des Saarstahl-Chefs - dem Ensdorfer Kraftwerk zu schaffen. Denn durch den Vorrang der erneuerbaren Energien und den Preisverfall an den Strombörsen kommen konventionelle Kraftwerke immer mehr unter Druck. "Wenn die Entwicklung so weitergeht, ist Ensdorf langfristig nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben", sagt Hartmann. Eon hatte bereits vor Wochen angekündigt, angesichts der Strompreisentwicklung Kraftwerke vom Netz zu nehmen. Und auch Steag-Chef Joachim Rumstadt hatte im Februar die Zukunft der Saar-Kraftwerke infrage gestellt.

Michaelis sieht die aktuelle Entwicklung nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen sehr kritisch: "Wenn wir Kraftwerke schließen, geht uns wertvolles Fachwissen verloren", sagt er. Die Fachkräfte anschließend wieder ins Saarland zurückzuholen, sei ein langwieriger Prozess: "Wir gehen davon aus, dass es rund sieben Jahre dauert, entsprechendes Fachwissen wieder aufzubauen." Aktuell schreibe das Kraftwerk aber noch schwarze Zahlen. Das liege einerseits an der Kooperation mit Saarstahl, aber auch an massiven Personaleinsparungen der vergangenen Jahre: Während das Kraftwerk Anfang der 90er Jahre noch 300 Mitarbeiter beschäftigt habe, sind es derzeit noch 100, sagt Michaelis.

Foto: VSE

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