Matte statt Mathe

Riegelsberg/Püttlingen · „Sport gegen Gewalt“, nennt sich ein seit 2011 bestehendes Gewaltpräventionsprojekt. Einmal pro Woche werden Schüler von Ringer-Trainer Frank Riemer (KV Riegelsberg) oder Freistil-Landestrainer Ramis Karmadja trainiert.

 Schulsozialarbeiter Patrick Weyland und Trainer Frank Riemer (hinten, von links) bei der Aktion „Ringen und Raufen“. Foto: Zenner

Schulsozialarbeiter Patrick Weyland und Trainer Frank Riemer (hinten, von links) bei der Aktion „Ringen und Raufen“. Foto: Zenner

Foto: Zenner

Sie sitzen ruhig auf dem Boden der Ringerhalle in Riegelsberg, aber sie hängen irgendwie doch gespannt an den Lippen von Frank Riemer. Man spürt, dass sie den Moment kaum erwarten können, in dem ihr Trainer sagt "Auf geht‘s" und sie endlich ran dürfen.

"Ran" an ihre Mitschüler. Auf dem Stundenplan einiger Schüler der Förderschule für soziale und emotionale Entwicklung in Von der Heydt - sie betreut Schüler aus dem gesamten Regionalverband - steht heute nämlich "Ringen und Raufen". Ganz nach dem Motto: Matte statt Mathe. Seit drei Jahren werden bis zu 15 Schüler im Rahmen des Gewaltpräventionsprojekts "Sport gegen Gewalt" einmal pro Woche freiwillig von Ringer-Trainer Riemer (KV Riegelsberg) oder von Freistil-Landestrainer Ramis Karmadja trainiert. Jeden Mittwoch darf zunächst der Sekundarbereich aus Von der Heydt (Elf- bis 16-Jährige) und anschließend die Grundschul-Gruppe aus Püttlingen (Sieben- bis Elfjährige) jeweils anderthalb Zeitstunden lang "ringen und raufen".

Gerade der regelkonforme, faire Umgang während des Kampfes und danach soll mit Hilfe " konfrontativer Pädagogik" soziale Kompetenzen fördern. Auch das Gewinnen- und Verlieren-Können will schließlich gelernt sein. Hinzu kommen Aufbau und Stärkung gruppendynamischer Prozesse und auch Norm- und Wertevermittlung. Wer sich beim Ringen benimmt, wird in der Schule belohnt.

Ins Leben gerufen wurde dieses Projekt von Patrick Weyland, dem Koordinator des Kooperationszentrums soziale Entwicklung in Püttlingen. Der Schulsozialarbeiter und Anti-Gewalt-Trainer ist wie drei weitere Schulsozialarbeiter und Lehrer Nils Kefer regelmäßig beim "Ringen und Raufen" vor Ort: "Diejenigen, die schon länger dabei sind, haben allesamt Fortschritte gemacht. Es gibt aber auch welche, die das nicht schaffen", sagt Weyland und erklärt: "Wir konfrontieren die Kinder hier auch mit Ereignissen aus dem Schul-Alltag."

Die Entwicklung eines hochgradig gewaltbereiten Schülers, der massiv auffällig war, beweist den Sinn des Projekts, das ausschließlich vom Kooperationszentrum finanziert wird. "Er hat es mittlerweile geschafft, sich dem KV Riegelsberg anzuschließen", sagt Weyland nicht ohne Stolz.

Die Fortschritte scheinen klein, aber in einem Umfeld mit gewaltbereiten und verhaltensauffälligen Kindern und Jugendlichen sind sie doch bemerkenswert. Die Aggressionen haben unterschiedliche Wurzeln - mal gingen ihnen Traumata, mal Angst- oder andere Entwicklungsstörungen voraus. Dass die Kinder ihre Aggressionen in einem sportlich fairen Wettkampf abbauen können, zeigt Wirkung.

Die vermittelte Technik hat der betreffende Schüler bislang nur einmal außerhalb der Ringerhalle angewendet. "Das darf nicht vorkommen, und das war auch nicht ganz ungefährlich", muss Patrick Weyland einräumen. "Aber wenigstens konnte er es vermeiden, zuzuschlagen. Es gab Prellungen, aber keine Gesichtsverletzung. Als wir den Konflikt aufarbeiteten, sagte der Schüler: ‚Ihr habt doch gesagt, dass wir nicht zuschlagen sollen.‘ " Jeder Schritt in die richtige Richtung sei erfreulich - egal, wie klein er ist. "Deshalb wäre es wünschenswert, wenn das Projekt weitergeführt werden könnte. Es ist ein wichtiger Baustein der Schulsozialarbeit", unterstreicht Patrick Weyland.

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