Ein Keltenkessel für die Völklinger

Völklingen. Paul Platte aus Malstatt, Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma, sitzt wie ein Zerberus zwischen Holzkisten, Verpackungsmaterial und Exponaten der Keltenausstellung in der Gebläsehalle. Kein Besucher darf an seinem Tisch vorbei, weder rein oder raus - ohne sich ausgewiesen zu haben. Hochsicherheitsstufe bei Weltkulturerbe-Chef Meinrad Maria Grewenig und seinem Team "bis 1

 Der Kessel von Gundestrup wird während des Abbaus der Ausstellung gescannt. Foto: Becker & Bredel

Der Kessel von Gundestrup wird während des Abbaus der Ausstellung gescannt. Foto: Becker & Bredel

Völklingen. Paul Platte aus Malstatt, Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma, sitzt wie ein Zerberus zwischen Holzkisten, Verpackungsmaterial und Exponaten der Keltenausstellung in der Gebläsehalle. Kein Besucher darf an seinem Tisch vorbei, weder rein oder raus - ohne sich ausgewiesen zu haben. Hochsicherheitsstufe bei Weltkulturerbe-Chef Meinrad Maria Grewenig und seinem Team "bis 1. September". Rund um die Uhr werden Gelände und Ausstellungshalle bewacht.Seit wenigen Tagen wird die Kelten-Ausstellung, die mit einem Besucherrekord endete, abgebaut und abtransportiert. Am Sonntag war Schluss, 196 043 Besucher waren gekommen. Von den 1650 Exponaten haben bereits 500, so schätzt Ausstellungsleiter Frank Krämer, die Rückreise angetreten. Täglich treffen Mitarbeiter der 40 Museen ein, die Gegenstände nach Völklingen ausgeliehen haben. Jane Desborough vom British Museum in London umfasst mit blauen Handschuhen ein Collier, das sie verpackt und in eine Transportkiste legt. "Seit 150 Jahren das erste Mal, dass von dort Exponate an ein Museum auf dem Kontinent ausgeliehen wurden", erzählt Grewenig. Christina Kleinmichel, Restauratorin der Archäologischen Staatssammlung München, findet die Völklinger Ausstellung "sehr gelungen", sorgt sich aber um den Transport. Wegen der 333 Goldmünzen, die ihr Haus ausgeliehen hat, fährt sie direkt im Lastwagen mit, "sieben Stunden Fahrt, das ist nicht witzig". Dann in München müssen die Münzen sofort in den Tresor. Die Angst vor Feuchtigkeit und eventueller Korrosion ist groß. Uwe Peltz, Restaurator der Antikensammlung der Staatlichen Museen zu Berlin, hat gleich eine Klimakiste mitgebracht. "Die hält die Temperatur der Ausstellung." So erleiden die Kunstgegenstände keinen Schock. Auch Schmuck der Keltenfürstin von Rheinheim wartet auf Abtransport. Er ist bereits in einem gelben Köfferchen verstaut, das in der Vitrine liegt. Das prächtigste Exponat der Kelten-Ausstellung, der Kessel von Gundestrop, soll ebenfalls die Heimreise antreten. Der Konservator des Nationalmuseums Kopenhagen, Peter Henrichsen, ist schon eingetroffen. Doch zuvor wird eine Replik des Kessels angefertigt, die in Völklingen bleiben wird. Mark Praus und Thomas Bauer von der Berliner Firma Trigon Art haben ein mobiles Scangerät aufgebaut. Das tastet per Laser die Schale ab. Langsam wandert der Strahl über jeden Millimeter des hellen Metalls. 150 Millionen Lichtpunkte werden es am Ende sein, "100 Scans werden wir brauchen", erklären die Experten, die auch schon Nofretete gescannt haben. Drei Stunden soll der Prozess dauern, bis die digitale Vorlage für den Kunststoff-Aufbau steht. Die Replik will Grewenig später im Science Center zeigen. Sie soll in sechs Wochen aus Berlin kommen, wo sie fertiggestellt wird, perfekt - wie die Vorlage.

Hintergrund

Der Kessel von Gundestrup wurde im 19. Jahrhundert in einem dänischen Torfmoor gefunden und gilt als einer der wichtigsten keltischen Exponate. Er zeigt Menschen- und Tiergestalten. 1960 entstand aus den ausgegrabenenen 13 silbernen Einzelplatten eine originalgetreue Replik, das Exponat in Völklingen, das nun kopiert wird. red

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