"Nichts ist gestattet, was auch nur einen Millimeter vorwärts führt"

Herr Hasenhüttl, ist der Amtsverzicht von Gerhard Maria Wagner nach den Debatten um die Pius-Bruderschaft die zweite große Niederlage für Papst Benedikt?Hasenhüttl: Ihm wird das keine Probleme bereiten. Aber es ist insofern eine Niederlage, als er mit seinem fundamentalistischen Kurs doch nicht unwidersprochen hingenommen wird

Herr Hasenhüttl, ist der Amtsverzicht von Gerhard Maria Wagner nach den Debatten um die Pius-Bruderschaft die zweite große Niederlage für Papst Benedikt?

Hasenhüttl: Ihm wird das keine Probleme bereiten. Aber es ist insofern eine Niederlage, als er mit seinem fundamentalistischen Kurs doch nicht unwidersprochen hingenommen wird. Auch Bischöfe haben sich zuletzt distanziert und sind dem Papst nicht mehr so hörig.

In der katholischen Kirche passiert sehr viel derzeit.

Hasenhüttl: Ja, aber man muss klar sehen, dass der Papst unbeirrt seinen Weg geht. Ausdruck davon ist seine Doppelzüngigkeit. Als er 2006 in der Regensburger Rede die Moslems verärgert hat, ist er danach in die Türkei gereist. Jetzt verärgert er die Juden und reist nach Israel. Das ist typisch. Auf der einen Seite ist er ganz rigoros, dann macht er eine freundliche, versöhnliche Geste.

Was bezweckt der Papst damit?

Hasenhüttl: Dass man ihn nicht ohne weiteres angreifen kann. An seinen knochenharten Äußerungen ändert das aber nichts. Ich glaube, auch der Holocaust ist für ihn eine sekundäre Erscheinung, das ist nicht das Wichtige. Wichtig ist, dass sich die Juden bekehren. Man gewinnt den Eindruck, dass es weniger schlimm ist, den Holocaust zu leugnen oder Kinder zu missbrauchen, als den evangelischen Christen die Kommunion zu reichen. Dafür wird man suspendiert. Das ist absurd.

Sie haben Joseph Ratzinger vor 40 Jahren kennengelernt. Wie war er damals?

Hasenhüttl: Diese fundamentalistische Grundhaltung hatte er früher schon. Nichts ist gestattet, was auch nur einen Millimeter vorwärts führt.

Was werfen Sie ihm noch vor?

Hasenhüttl: Er lügt auch das Zweite Vatikanische Konzil um, indem er sagt, dass nur die katholische Kirche die Kirche Christi ist. Er will das Konzil, das für Offenheit und Modernität steht, rückgängig machen.

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