Zu hohe Kosten: Krebs-Experte schlägt Alarm

Homburg. Der Homburger Krebs-Experte Professor Michael Pfreundschuh (Foto:_ Maurer) hat die Sorge geäußert, dass die zeitgemäße Krebs-Therapie in Deutschland an finanzielle Grenzen stößt. Zugleich kritisierte der Mediziner gegenüber der SZ das "deutsche System" der Krebs-Behandlung, das dem anderer Länder unterlegen sei

Homburg. Der Homburger Krebs-Experte Professor Michael Pfreundschuh (Foto:_ Maurer) hat die Sorge geäußert, dass die zeitgemäße Krebs-Therapie in Deutschland an finanzielle Grenzen stößt. Zugleich kritisierte der Mediziner gegenüber der SZ das "deutsche System" der Krebs-Behandlung, das dem anderer Länder unterlegen sei.

Pfreundschuh verwies auf die enormen medizinischen Fortschritte, die dank der klinischen Studien und der pharmakologischen Forschung erzielt würden. Dies verursache allerdings auch zusätzliche Kosten in beträchtlicher Höhe. Konkret nannte Pfreundschuh das Beispiel eines Patienten mit fortgeschrittenem Darmkrebs. Noch vor wenigen Jahren hätte der Kranke durch die Therapie eine Lebensverlängerung von einem Jahr erwarten können, bei Behandlungs- und Arzneikosten von etwa 5000 Euro. Heute überlebe ein vergleichbarer Patient zwei Jahre - bei explodierenden Kosten in Höhe von 250000 Euro. Ein Grund für diese Entwicklung sind nach Ansicht des Chefs der Krankenkasse KKH, Ingo Kailuweit, die "Wucherpreise" der Pharma-Industrie.

Pfreundschuh, Chef der Inneren Medizin I an der Uniklinik Homburg, erinnerte in diesem Zusammenhang an die große Verantwortung, die ein behandelnder Arzt wahrzunehmen habe. Gerade bei der Krebs-Therapie "geraten wir schnell an ethische Fragen". Etwa jene, ob es vertretbar sei, teure Medikamente auch palliativ (schmerzlindernd, aber nicht heilend) einzusetzen. Pfreundschuh bestätigte damit indirekt Befürchtungen der Deutschen Krebsgesellschaft, wonach wegen strengerer Regeln bei der Kostenerstattung ab 2009 eine Zwei-Klassen-Medizin auch in Deutschland Einzug halten könnte.

Kritik übte der Homburger Experte zudem am "deutschen System" bei der Krebs-Therapie. Deutschland liege bei der Überlebensrate bei Krebs-Erkrankungen auch deshalb international nur im Mittelfeld, weil hier "jeder Facharzt" eine Chemotherapie durchführen dürfe. In vielen anderen Ländern sei dies Experten vorbehalten. "Hätten wir das französische System", erklärt Pfreundschuh, "könnten wir in Deutschland allein beim Brustkrebs pro Jahr 3500 Patientinnen mehr heilen als bisher." > Seite A2: Berichte und Meinung bb

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