Neuer Glanz für alte Schätze

Saarbrücken · So nützlich die Wertstoffhöfe des Entsorgers ZKE auch sind: Noch landet dort zu viel Brauchbares im Müll. Das soll die „Wertstatt“ ändern. Dort arbeiten Menschen Dinge auf, die zu schade für den Müll sind.

 Jean Nußbaum bei der Arbeit. Foto: Becker&Bredel

Jean Nußbaum bei der Arbeit. Foto: Becker&Bredel

Foto: Becker&Bredel

"Kann ich Ihnen helfen?" Mathias Rester lächelt und blickt durch den großen Verkaufsraum der neu eröffneten "Wertstatt" am Römerkastell. Seit drei Monaten ist das sein Arbeitsplatz. Eigentlich hatte der 25-Jährige ja Blumen- und Zierpflanzengärtner gelernt, "aber das ist halt immer von der Saison abhängig, und wirklich gut sieht es auf dem Arbeitsmarkt auch nicht aus." Es folgten Arbeitslosigkeit und ein paar Maßnahmen. Bis das Angebot von der "Wertstatt" kam.

Die Idee dazu hatte Bernd Selzner. An einer Sache hatte sich der Werkleiter des Zentralen Kommunalen Entsorgungsbetriebs (ZKE) nämlich immer gestört, wenn er sich auf dem Gelände des Wertstoffhofs in der Nähe des Saarbrücker Ostbahnhofs umsah: "Da waren so viele Sachen, die noch zu gebrauchen waren. Es war einfach schade, sie wegzuwerfen." Ein paar brauchten vielleicht nur eine neue Schicht Lack oder kleine Ausbesserungen. Also wandte er sich an Karin Riga, die Geschäftsführerin des Zentrums für Bildung und Beruf Saar (ZBB), ob "man nicht einfach zusammen etwas machen wolle". Riga wollte, und so entstand die Idee mit der Wertstatt. Sie soll Dinge, die sonst auf dem Sperrmüll oder in der Müllverbrennungsanlage landen würden, aufbereiten und verkaufen. Aufbereitung und Verkauf übernehmen Erwerbslose. Genug Platz ist in der alten Bogenhalle auf dem Gelände des Wertstoffhofs ohnehin. "Das Jobcenter hat auch zugesagt und im Februar vergangenen Jahres ging es dann los", sagt Riga. Seit zwei Wochen kann jeder in der Wertstatt einkaufen und seine alten Sachen abgeben.

400 000 Euro kostet die "Wertstatt". Den Großteil trägt das Jobcenter, den Rest teilen sich Stadt und Land. Alles was die Wertstatt einnimmt, dient ihrer Finanzierung. Zwölf Erwachsene und zwölf Jugendliche arbeiten in der Werkstatt und im Verkauf. Rester zeigt mit großer Geste durch den Raum: "Wir haben alles, was das Herz begehrt."

Regale biegen sich unter Hunderten Schallplatten für zwei Euro das Stück. Vom Bobbycar bis zur kompletten Schrankwand in Eiche rustikal ist alles im Angebot. "Da gibt es sogar ein Kaviar-Set. Wir können nämlich auch dekadent", sagt Riga und lacht. Ein Teil der alten Möbelstücke ist aber nicht nur aufbereitet, sondern bunt bemalt. Mal an Keith Haring orientiert, mal an Roy Lichtenstein oder anderen Pop-Art-Künstlern. "Das macht unser Künstler", sagt Rester und weist den Weg in die Werkstatt.

Dort steht Jean Nussbaum, der Künstler, gerade vor einem Schminktisch, der oben mit vergilbten Buchseiten aus einer alten Ausgabe von Shakespeares Romeo und Julia beklebt ist. "Ich habe gedacht, dass das irgendwie ganz gut passt", sagt Nussbaum.

Was zu langweilig oder altbacken ist, um weiterverkauft zu werden, wandert durch seine Hände. Aber Nussbaum weiß auch, wo er behutsam vorgehen muss. Gerade ist ein kleines Jugendstiltischchen abgegeben worden. "Das ist was ganz Schönes. Da schleifen wir den alten Lack vorsichtig ab und lasieren es", sagt Nussbaum. Auch das will der gelernte Elektriker den anderen vermitteln.

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