Bahnhof unterm Hammer

Friedrichsthal. Nur Tausend Euro Mindestgebot bei der Versteigerung eines Bahnhofs der Deutschen Bahn - da ist doch etwas faul, oder? Nein, alles in Ordnung, sagt das Auktionshaus Karhausen, das bisher mehr als 300 Bahnhöfe in ganz Deutschland im Auftrag der Bahn vermarktet hat und nun auch den in Friedrichsthal unter den Hammer bringt

 Der einst imposante Friedrichsthaler Bahnhof döst heute dem Verfall entgegen. Fotos: Fred Kiefer

Der einst imposante Friedrichsthaler Bahnhof döst heute dem Verfall entgegen. Fotos: Fred Kiefer

Friedrichsthal. Nur Tausend Euro Mindestgebot bei der Versteigerung eines Bahnhofs der Deutschen Bahn - da ist doch etwas faul, oder? Nein, alles in Ordnung, sagt das Auktionshaus Karhausen, das bisher mehr als 300 Bahnhöfe in ganz Deutschland im Auftrag der Bahn vermarktet hat und nun auch den in Friedrichsthal unter den Hammer bringt. Wolf Getz-Kohlbecher, Sprecher des Auktionshauses, lüftet das Geheimnis um das Immobilin-Schnäppchen: "Das Mindestgebot für das Objekt in Friedrichsthal mit einer Grundstücksgröße von 6542 Quadratmetern beträgt symbolische 1000 Euro. Das stark sanierungsbedürftige Gebäude wartet auf Wiederbelebung durch einen kreativen Investor." Aha, der potenzielle Nutzer muss also viel Geld in die Hand nehmen, um den Bahnhof wieder nutzbar zu machen.Darüber hinaus kann der zukünftige Eigentümer mit der Immobilie nicht machen, was er will, da einerseits der Denkmalschutz die Hand über dem 1910 errichteten Bauwerk hat, und zum anderen der Zugang zu den Gleisen gewährleistet sein muss. Der Bahnhof liegt nämlich an der aktiven Bahnstrecke zwischen Saarbrücken, Neunkirchen, Bad Kreuznach und Mainz. 730 Quadratmeter der Grundstücksfläche sind zudem an die Bahn-Landwirtschaft (Sozialeinrichtung der Deutschen Bahn AG und des Deutschen Eisenbahnvermögens) verpachtet.

Das Gebäude an sich besteht im Erdgeschoss aus einem offenen Durchgang mit zwei Treppen zum Bahnkörper, einer ehemaligen Gaststätte mit Biergarten, Warte- und Gepäckräumen sowie Toilettenanlagen. Im Ober- und Dachgeschoss befanden sich früher vier Wohnungen.

Das komplette Anwesen hinterlässt heute einen bedauernswerten Eindruck. Im gekachelten Durchgang gibt es auf breiter Fläche kaum eine Stelle mehr, die nicht mit Graffiti-Schmierereien verdeckt ist, und fast überall liegt Müll herum. Alle Fenster zur Vorderseite hin sind, da ohne Scheiben, mit Brettern vernagelt, eines steht sogar ganz offen. An den Eingangsstufen bröckelt der Beton, und auch an der Fassade nagt der Zahn der Zeit. Beim Blick von der Saarbrücker Straße her wirkt der Bahnhof mit seinen Ornamenten an der Frontseite und seinem mit Schiefer gedeckten Dach immer noch imposant, eben wie ein typisch wilhelminischer Bau aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg - protzig und Respekt einflößend.

Der Beobachter sieht das Ausmaß der Schäden erst, wenn er auf dem geräumigen Vorplatz steht.

 Sichtlich gelitten hat auch das Innere des Gebäudes.

Sichtlich gelitten hat auch das Innere des Gebäudes.

Der erste Friedrichsthaler Bahnhof, im Zuge der industriellen Entwicklung der Region 1852 erbaut, wurde 1910 wegen Gleiserweiterungen abgerissen und ein Stück weiter durch einen Neubau ersetzt und blieb bis in die 1980er Jahre in Betrieb. Heute ist er zu einem Haltepunkt für Regionalzüge degradiert. Ein weiterer befindet sich in der Bismarckstraße.

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