Oma Frieda will auf die Aida Im Schlosspark fliegt die Krone weg

Nohfelden. "Geschafft, endlich dahäm." Die Saarbrücker Kabarettistin Jutta Lindner alias Oma Frieda hat am 29. Veranstaltungstag auf ihrer Wandertour quer durch die Republik wieder heimischen Boden betreten."Jeder ist im Saarland miteinander verwandt oder verkracht", weiß die rüstige Seniorin

Vor dem Auftritt schaute sich Oma Frieda in der knapp 10 000-Einwohner-Gemeinde Nohfelden um. Später ging es für die 43-Jährige zum Auftritt auf die Burg. Foto: Frank Faber

Vor dem Auftritt schaute sich Oma Frieda in der knapp 10 000-Einwohner-Gemeinde Nohfelden um. Später ging es für die 43-Jährige zum Auftritt auf die Burg. Foto: Frank Faber

Nohfelden. "Geschafft, endlich dahäm." Die Saarbrücker Kabarettistin Jutta Lindner alias Oma Frieda hat am 29. Veranstaltungstag auf ihrer Wandertour quer durch die Republik wieder heimischen Boden betreten."Jeder ist im Saarland miteinander verwandt oder verkracht", weiß die rüstige Seniorin. Humorvoll, selbstkritisch, derb, gar teilweise zynisch, nimmt sie ihr eigenes Leben und das ihrer Altersgenossinnen ins Visier. "Eine Frau fängt an zu leben, wenn die Kinder aus dem Haus sind und der Mann auf dem Friedhof", lautet ihre Lebensphilosophie im Alter von 89 Jahren. Oma Frieda lässt es deshalb gehörig krachen. Sie ist Chefin des Seniorenklubs "Fidele Rosinen", legt als D-Jane in der Disco auf und organisiert im Sommer das Festival "Rock am Stock".

Oma bedeutet für sie "Original mit Anspruch", und Niveau sei schließlich keine Handcreme. Ihre Fitness ist top. Täglich trainiert sie mit ihrem Superteufel. Für kurze Zeit steht ihr loses Mundwerk still, als sie während der Übungsdemonstration einratzt. Moderne Sportarten führt sie auf peinliche Weise vor. "Der Sex des Alters ist der Stuhlgang", hat sie gehört. Auf Kaffeefahrten werde nur Krempel angeboten. Die innovative Großmutter bevorzugt lieber die Organspende. "Man muss eine Tauschbörse unter kranken Leuten einführen", so ihr Verbesserungsvorschlag. Authentisch, Grimassen schneidend und mit ihrem köstlichen Dialekt schnauzt sich die skurrile Wortakrobatin durchs Programm. "Wenn ihr keine Gicht oder Rheuma habt, dürft ihr ruhig mitschnipsen", animiert sie die 85 begeisterten Besucher im Zelt. Allzu gerne stellt Frieda ihre Verwandtschaft bloß oder kritisiert die latente Ausländerfeindlichkeit ihres Nachbarn Toussaint, macht sich dann mit spitzer Zunge über den Schönheitswahn lustig. "Orangenhaut ist besser als gar kein Profil." Manchmal neigt die Dame im hohen Alter gerne zum eigenartigen und schwarzen Humor. "Herr Doktor, ich kann mich nicht mehr auf den Füßen halten. Macht nichts, Sie haben ja noch Ihr Zahnfleisch."

Zwischendrin blickt sie in der Senioren-Karaoke mit eigenen Versionen singend auf ihr ereignisreiches Leben zurück. "So schön, schön war die Zeit". oder "Ich will lieber Schokolade als noch einmal einen Mann, weil man diese toll vernaschen, den Rest beiseite legen kann", In Nohfelden kommt sie natürlich nicht drumherum, Nicoles Hit in "Ein bisschen Oma Frieda" umzutexten. Hinreißend parodiert sie das Eppelborner Sprachphänomen Peter Müller. Bei soviel Vitalität kommt für Oma Frieda eine Seniorenresidenz nicht in Frage. Sie gedenkt, den Rest ihres Lebens auf dem Kreuzfahrtschiff Aida zu verbringen.

oma-frieda.com

Eine Wanderung von Usedom bis nach Saarbrücken quer durch Deutschland. Wie kommt frau auf sowas?

Jutta Lindner: Seit Langem habe ich von einer Wanderung quer durch Deutschland geträumt. Meine Arbeit als Krankenschwester im Schichtdienst mit viel zu knappem Urlaub machte eine Wanderung, die mindestens 30 Tage dauert, unmöglich.

Worin lag der Reiz für eine Kabarettistin, diese Art einer Deutschlandtournee zu unternehmen?

Lindner: Es war eine Mischung aus Abenteuerurlaub, PR-Arbeit und den Auftrittsmöglichkeiten. Im August bekommt man wegen der Urlaubszeit nur wenige Anfragen. Und es war mal etwas anderes als über die Autobahn von Veranstaltung zu Veranstaltung zu brettern.

Wie viele Kilometer haben Sie täglich zu Fuß zurückgelegt?

Lindner: Ich denke, es waren so im Schnitt 25 Kilometer. Ich habe trotz des Zeitdrucks immer einen Puffer gesetzt. Es gab Tage, da war es 35 Grad heiß, an anderen Tage, kam ich in heftige Gewitter rein.

Sie haben ja viele Regionen kennengelernt. Gibt es quer durch die Republik unterschiedliche Mentalitäten?

Lindner: Die Norddeutschen werden ja allgemein als steif bezeichnet. Ich denke, das sind Vorurteile. Ich wurde überall herzlich aufgenommen. Überall haben die Leute in den Veranstaltungen herzlich gelacht. Egal, ob jemand 30 Jahre oder 99 Jahre alt war.

Wie waren Ihre Vorstellungen unterwegs besucht? Hat das Publikum überhaupt ihren saarländischen Dialekt verstanden?

Lindner: Im Schnitt waren so 75 Besucher bei den Veranstaltungen. In der Fremde lehne ich meinen Dialekt etwas dem Hochdeutschen an. Das Heinz-Becker-Saarländisch hat das Publikum überall verstanden.

Werden Sie Ihre neu gewonnenen Erfahrungen in Ihre Rolle als Oma Frieda einfließen lassen, oder über die Tour ein Buch schreiben?

Lindner: Ein Buch ist mir zu abgedroschen. Das können andere wie Hape Kerkeling machen. Ich werde lieber verschiedene Sachen in künftige Stücke einbauen.

Erzählen Sie doch abschließend bitte noch eine schöne Anekdote. Sie haben doch sicher ein paar witzige Sachen erlebt?

Lindner: Oh ja. In Oranienburg traf ich den Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg und wurde zur Kurfürstin gekrönt. Hand in Hand bin ich mit ihm durch den Schlosspark spaziert. Kurz vor dem Schloss hat mir ein heftiger Windstoß das Krönchen samt Perücke vom Kopf geweht.

Zur Person

Jutta Lindner (43), geboren in Neunkirchen, wohnt in Saarbrücken, arbeitete als gelernte Krankenschwester an der Universitätsklinik Homburg. 1994 begann sie ihre Bühnenkarriere in der Gruppe Laufmasche. Seit Oktober 2009 ist sie Entertainerin, wird unterstützt von Manager Jürgen Wönne. frf

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